Das vermaledeite Plastiksackerl in einer Arbeit von Ser Serpas bei Croy Nielsen.

Foto: Annik Wetter

Nicht die Waffe, sondern die Tasche sei das erste Werkzeug des Menschen gewesen. So schlug es die amerikanische Autorin Ursula K. Le Guin in ihrem feministischen Aufsatz The Carrier Bag Theory of Fiction 1986 vor.

Die junge Berliner Kuratorin Anna Gritz, die im Rahmen des Wiener Festivals "Curated by" die Galerie Croy Nielsen bespielen lässt, verknüpft diese Theorie mit Rita Valencias Kurzgeschichte In-decency. Deren Protagonistin weiß, dass etwas Einschneidendes passiert ist, als sie versehentlich "bag" (Tasche) statt "back" (Rücken) sagt.

Kreislaufprobleme nennt Gritz die Ausstellung, die sich ganz freudianisch um Übersetzungsfehler im Alltäglichen und im Körperlichen dreht. Die eine oder andere kuriose Tasche ist dabei, auch in Form des vermaledeiten Plastiksackerls.

Kuriose Taschenkunst: Bag, Box and Stickers von Liz Magor bei Croy Nielsen.
Foto: Gunter Lepkowski Berlin

Alles zirkuliert

Kreislaufprobleme sind also eine Auslegung des diesjährigen Festivalmottos "Circulation". Jedes Jahr wählt das Wiener Galerienfestival ein offenes Leitmotiv, das von den Kuratoren bei der Auswahl der Künstler und Kunstwerke mal mehr, mal weniger wörtlich genommen wird. 22 Galerien nehmen teil und werden ein ganzes Monat lang bespielt.

Um Geldverkehr, globale Warenwirtschaft und Datentransfers geht es auf der einen, um die Zirkulation des kulturellen Kapitals auf der anderen Seite.

Keine Zukunft wegen Internet

In der Galerie Crone wird bedauert, dass es keine Zukunft gibt. Das alles nivellierende Internet steht bei The Big Flat Now, kuratiert von Joerg Koch, im Vordergrund. Auch das Albumcover zu Kanye Wests aktuellem Soloalbum Ye darf dort nicht fehlen.

Die Coverart von Kanye Wests "Ye" als Beispiel für The Big Flat Now.
Foto: Eli Russell Linnetz (with Yung Jake)

Auf das Œuvre einer Person konzentrieren sich zum Beispiel die Galerien Hilger, wo sich Gerald Matt mit dem Universalisten Oswald Oberhuber be schäftigt, oder Winter, wo Jon Bird die widerständige Ästhetik des Architekten und Filmemachers Alfredo Jaar, der während der chilenischen Militärjunta Pinochets in Santiago studierte, unter die Lupe nimmt. (Amira Ben Saoud, 10.9.2019)