Paris – Mehr als 460 Journalisten der französischen Qualitätszeitung "Le Monde" haben am Dienstag einen Appell an die Eigentümer des Medienhauses unterzeichnet. Die Investoren – insbesondere der neue Aktionär und tschechische Energiemilliardär Daniel Kretinsky – sollen der Redaktion auch künftig Mitspracherechte beim Einstieg neuer Eigentümer und die Unabhängigkeit der Redaktion garantieren.

Mehr als 460 Unterzeichner aus dem Newsroom (Auszug): Die Resolution der Mitarbeitergesellschaft von "Le Monde".
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Der 2017 gestorbene Eigentümer Pierre Bergé garantierte der Redaktion, dass es für den Einstieg von Investoren mit bestimmendem Einfluss auf das Unternehmen die Zustimmung der Belegschaft braucht, die über eine Mitarbeitergesellschaft an dem Medienhaus beteiligt ist.

Im Oktober 2018 wurde bekannt, dass der tschechische Energie-Milliardär Daniel Kretinsky 49 Prozent der Anteile vom Bankier Matthieu Pigasse übernommen hat. Die Belegschaft wurde nach deren Angaben erstmals nicht über diesen Verkauf informiert.

Erklärt "Le Monde"-Einstieg mit Engagement gegen Manipulation: Milliardär Daniel Kretinsky.
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Die mehr als 460 Journalisten forderten am Dienstag die Umsetzung eines angekündigten Mitspracherechts für die Redaktion über die Entscheidung, wer Anteile an der Zeitungsgruppe hält. Zum ersten Mal in der Geschichte der Zeitung könnte ein neuer Aktionär aufgenommen werden, ohne dass die Redaktion zugestimmt habe, hieß es in dem Text. Der Appell nimmt in der Druckausgabe eine ganze Seite ein.

Die Journalisten forderten Kretinsky und einen wichtigen Anteilseigner, den Bankier Matthieu Pigasse, auf, eine Vereinbarung für das Mitspracherecht der Redaktion zu unterschreiben. Der zweite wichtige Anteilseigner, Xavier Niel, habe es bereits unterschrieben.

Kretinsky und "Manipulation"

Hintergrund des offenen Briefs sind auch Äußerungen Kretinskys vergangene Woche in Paris. Medienberichten zufolge erklärte er sein Investment in die Le-Monde-Gruppe unter anderem mit dem Kampf gegen Manipulation und Populismus. Das Mitspracherecht der Redaktion würde die Diskussion um die "wahren Absichten" Kretinskys eröffnen, schrieben die Journalisten, ohne weiter ins Detail zu gehen.

Der tschechische Milliardär scheiterte im August in Deutschland mit seinem freiwilligen Übernahmeangebot für den Düsseldorfer Handelskonzern Metro. In Frankreich hält Kretinsky seit neuem über eine Investmentgruppe auch Anteile an dem Einzelhandelsunternehmen Groupe Casino. (red, APA, dpa, 11.9.2019)