Montagnacht wurde das britische Unterhaus in Zwangspause geschickt.

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London – Ein schottisches Berufungsgericht hat die von Premierminister Boris Johnson auferlegte Zwangspause des britischen Parlaments am Mittwoch für unrechtmäßig erklärt. Als Grund führten die drei Richter an, dass die Pause ein Versuch sei, die "parlamentarische Überprüfung" zu behindern.

Ein Sprecher der Regierung zeigte sich "enttäuscht" von der Entscheidung und kündigte an, dass die Regierung Einspruch erheben wird. Am Freitag hatte ein Gericht in London wiederum geurteilt, dass die Zwangspause rechtmäßig gewesen sei.

Das aktuelle Urteil, angeführt vom schottischen Höchstrichter Lord Carloway, hat ein früheres, gegenteiliges Urteil aufgehoben. Das aktuelle Urteil besagt: "Der Rat, den die Regierung der Königin gegeben hat, das Parlament in Zwangspause zu schicken, war ungesetzlich, und auch die Prorogation war ungesetzlich." Die Maßnahme sei daher "null und nichtig".

Hinter dem schottischen Fall stehen 75 Abgeordnete und Mitstreiter, die sich nun bestätigt sehen. Die Abgeordnete Joanna Cherry von der Schottischen Nationalpartei, die federführend an der Klage beteiligt war, sprach von einem historischen Urteil. Einige Kläger fordern die sofortige Wiederzusammenkunft des Parlaments. "Nach unserem Verständnis ist das Parlament mit sofortiger Wirkung nicht mehr suspendiert, es sei denn, das Oberste Gericht erteilt eine Verfügung", sagte Jolyon Maugham, dessen "Good Law Project" hinter der Klage steht.

Verhandlung am Obersten Gericht nächste Woche

Allerdings dürfte der Showdown erst nächste Woche stattfinden. Die Causa wird nun an das oberste britische Gericht weitergeleitet. Dieses beschäftigt sich bereits mit Johnsons umstrittenem Schritt. Für den kommenden Dienstag ist dazu eine Sonderanhörung anberaumt. Auch In der nordirischen Hauptstadt Belfast beschäftigen sich Gerichte bereits mit der Angelegenheit.

Am Montag hatte die Regierung das Parlament in eine fünfwöchige Zwangspause geschickt. Der eigentlich übliche Schritt stieß auf heftige Kritik – denn er kommt just zu einer Zeit, in der die heiße Phase des Brexits beginnt. Dahinter steckt ein sich zuspitzender Machtkampf zwischen Johnson und dem Parlament, das einen Austritt ohne Abkommen mit der EU mit allen Mitteln verhindern will. (red, 11.9.2019)