Die Debatte rund um das Kindergeld für Krisenpflegeeltern lief seit einem Jahr. Der Oberste Gerichtshof bringt mit seinem Urteil nun Klarheit in die Sache.

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Wien – Im Konflikt um den Bezug von Kinderbetreuungsgeld durch Krisenpflegeeltern hat der Oberste Gerichtshof (OGH) entschieden, dass den Eltern das Betreuungsgeld ab dem ersten Tag zusteht und nicht erst nach 91 Tagen, wie das unter Türkis-Blau im Gesetz festgeschrieben wurde. Der Richter übt in seinem Urteil indirekt Kritik am ehemaligen Gesetzgeber.

Die AK-Niederösterreich, die den Prozess geführt hat, fordert eine gesetzliche Reparatur und will die Ansprüche auch für weitere Betroffene einklagen. "Krisenpflegeeltern leisten eine wichtige und wertvolle Arbeit für die Gesellschaft. Man sollte ihnen dankbar sein, statt ihnen das Leben schwer zu machen. Die aktuelle gesetzliche Regelung bestraft aber deren Engagement für Kinder in schwierigen Situationen, weil sie oft gar kein Kinderbetreuungsgeld erhalten", kritisiert AK-Niederösterreich-Präsident und ÖGB-NÖ-Vorsitzender Markus Wieser.

Same same, but different

Die Debatte über den Bezug von Kinderbetreuungsgeld durch Krisenpflegeeltern zieht sich seit rund einem Jahr und hat damit begonnen, dass manche Krankenkassen aufgrund von zwei OGH-Urteilen, die dieses Thema allerdings nur am Rande anschneiden, Krisenpflegeeltern plötzlich kein Kinderbetreuungsgeld mehr zugestanden haben.

Als dieses Problem öffentlich wurde, beschloss die türkis-blaue Regierung eine Gesetzesänderung, wonach Krisenpflegeeltern leiblichen Eltern gleichgestellt und damit anspruchsberechtigt sind. Allerdings wurden sie insofern schlechtergestellt, als ihnen der Bezug erst ab 91 Tagen Betreuung zusteht, leibliche Eltern haben nach 61 Tagen einen Anspruch.

Kritische Phase

"Genau das ist aber für Kriseneltern problematisch, da die Kinder oft nur einige Tage oder Wochen bei der Familie sind und die Krisenpflegeeltern um das Geld umfallen", kritisiert Wieser. "Fast die Hälfte der Krisenpflegeeltern in Niederösterreich bekommen deshalb kein Kinderbetreuungsgeld."

Der OGH-Richter stellte nun fest, dass Krisenpflegeeltern mit dem ersten Tag der Übernahme des Kindes einen gemeinsamen Haushalt mit diesem begründen und eine Ex-post-Differenzierung danach, wie lange diese Betreuung tatsächlich dauerte, für die Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung von Kinderbetreuungsgeld nicht relevant ist. Eine Ex-post-Differenzierung würde zudem der vom Gesetzgeber mit der Neuregelung angestrebten Gleichstellung von Krisenpflegeeltern als wichtige Bezugspersonen für Kinder in Notsituationen mit Pflegeeltern widersprechen.

Der Richter merkt zudem kritisch an, dass sich die Neuregelung einer Mindestdauer von 91 Tagen mit der nach wie vor aufrechten Mindestbezugsdauer von 61 Tagen für leibliche Eltern nicht erklären lässt. Der AK-Niederösterreich-Präsident fordert eine gesetzliche Reparatur dieses "unhaltbaren Zustands". "Es darf nicht sein, dass genau diejenigen, die Kindern Wärme und ein Zuhause auf Zeit bieten, dafür bestraft werden", so Wieser. (APA, 11.9.2019)