Franz Pätzold ist neu im Ensemble des Burgtheaters.

APA/Hans Punz

Es wäre zu einfach, Franz Pätzold den neuen James Dean des Burgtheaters zu nennen. Zu vielschichtig sind seine Rollen und zu radikal seine Ausdrucksweisen. Und doch wurde der 29-jährige Schauspieler bereits mit dem Hollywoodhelden verglichen. Pätzold würde wie Dean auf eine dringliche Art Zerbrechlichkeit und Stärke zugleich in sich vereinen. Das beweist er am Theater genauso wie in Fernseh- und Kinofilmen.

Ein Nachwuchsstar wie Pätzold kann sich aber gar nicht so viel Zerbrechlichkeit leisten. Jahre der Schonung gab es keine. Martin Kušej hat den 1989 als Sohn eines Lehrerpaares in Dresden-Neustadt geborenen Schauspieler bereits mit 22 Lenzen ans Residenztheater geholt. In München hat er sich dann in die erste Liga gespielt und ist nun mit ans Burgtheater gewechselt. In der Eröffnungsinszenierung der Bakchen gibt er am Donnerstag den die Stadt Theben heimsuchenden Gott Dionysos.

Pätzold sucht die Verausgabung – so sehr, dass er auf der Bühne körperliche Blessuren davonträgt. Von einem Kirschgarten hat er Narben auf den Schienbeinen behalten, ein andermal Brandwunden an der Handfläche. Menschen im Publikum sind schon auf die Bühne gestürmt, weil sie ihn dort aus schmerzhaften Situationen zu retten erhofften – etwa aus einer Waterboarding-Szene im Stück Balkan macht frei. Für ihn selbst ist dieses grenzwertige Arbeiten selbstverständlich: "Ich mag es einfach, bar zu zahlen."

Produktive Energieverschwendung

Aber es ist nicht der blindwütige Kraftmeierstil, den Pätzold pflegt, sein Spiel hat Brüchigkeit, Unsicherheit, Gefährlichkeit. Geschult nicht zuletzt bei Frank Castorf. Beim Volksbühnen-Altmeister, in dessen Münchner Inszenierungen er seit 2013 dabei war (unter anderem in Baal), hat Pätzold seiner Kunst der produktiven Energieverschwendung ihren Schliff verliehen. Er selbst formuliert es im Interview mit der Süddeutschen Zeitung anders: "Bei Castorf habe ich das Gefühl, dem Universum mal kurz in die Unterhose geguckt zu haben."

Wie viel Kraft in ihm steckt, bewies der Dynamo-Dresden-Fan im Vorjahr, als er kurz hintereinander Hauptrollen in Don Karlos und Don Juan übernahm. Aus letzterer Inszenierung ist ein legendärer Nahkampf mit einem Getränkeautomaten überliefert. Und mit welch schneidender Kälte er im Film Bier Royal (2018) aus dem Schaumbad steigend seine allzu geschäftstüchtige Erzeugerin mit "Hallo Mutter" begrüßt, das sollte man gesehen haben. (Margarete Affenzeller, 12.9.2019)