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Dass für Gleichstellung noch viel zu tun ist, ist allen klar. An den Wegen dorthin scheiden sich die Geister.
Foto: Reuters/GONZALO FUENTES

Die Hälfte der Bevölkerung ist davon betroffen, und dennoch ist es ein rares Thema in diesem Wahlkampf: Frauenpolitik. Deshalb hat der "ABZ Circle", ein überparteiliches Netzwerk für Frauen aus Wirtschaft, Bildung und Verwaltung, Frauenreferentinnen zum runden Tisch gebeten. Grundsätzlich war man sich einig, egal ob es um die niedrigen Frauenpensionen, Bildung oder die hohe Teilzeitquote bei Frauen ging: Es muss mehr getan werden, stellten die Politikerinnen am Mittwoch einhellig fest. Deutlich auseinander gingen die Positionen von Doris Hager-Hämmerle (Neos), Therese Niss (ÖVP), Maria Stern (Jetzt), Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) und Ewa Ernst-Dziedzic (Grünen) allerdings, wenn es konkret wurde. Hier ihre Ansätze zu einigen Themen, nach denen die Politikerinnen gefragt wurden:

  • Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt: Was als erstes tun?

Einen weiteren Ausbau der Kinderbetreuung halten alle für nötig. Hager-Hämmerle schlägt auch ein Wiedereinstiegsmodell vor, wonach ArbeitnehmerInnen die ersten drei Monate nach der Karenz wieder 100 Prozent im Job arbeiten und erst nach diesen Vollzeitmonaten zur Teilzeit wechseln sollten, wenn sie das wollen. So hätte man die Chance, "wieder richtig reinzukommen". Therese Niss, bei der ÖVP nicht für Frauen, sondern für Digitalisierung und Innovation zuständig, meint, dass sich Mädchen für Berufe interessieren müssten, die besser entlohnt werden. Außerdem rät sie zum "Karenzmanagement": ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen müssten sich genau und vor der Karenz absprechen, wie der Wiedereinstieg gelingen kann. Dziedzic fordert, Vereinbarkeit nicht nur als "Frauenthema" zu behandeln, und schließt sich Heinisch-Hosek darin an, dass die Einkommenstransparenz ein zentrales Instrument für mehr Gleichstellung am Arbeitsmarkt sei. Island ist Vorbild, so Heinisch-Hosek, ebenso für Maria Stern, die auch für Österreich will, dass für Väter eine Kinderkarenz selbstverständlich wird.

  • Wie Teilzeitquote bei Frauen senken?

Man müsse unterscheiden: 30 Stunden pro Woche sind auch Teilzeit, aber natürlich deutlich besser als eine Teilzeit mit 16 Stunden, sagt Heinisch-Hosek, die einen Rechtsanspruch auf den Umstieg auf Vollzeit fordert. Die Grünen halten für eine niedrigere Teilzeitquote bei Frauen eine Umverteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit für dringend nötig. In der von der ÖVP durchgesetzten Flexibilisierung der Arbeitszeiten mit der Möglichkeit eines Zwölfstundentags sieht Dziedzic eine "Ausbeutungsfalle". Dadurch würden Frauen aus dem Beruf gedrängt werden, weil sie durch die zusätzliche Last der Sorgearbeit "einfach nicht nachkommen". Niss hingegen sieht Vorteile eines Zwölfstundentags insbesondere für Frauen: In zwei oder drei Tagen könne man alles erledigen und sich für den Rest der Woche der Kindererziehung widmen.

  • Wie den Gender Pension Gap schließen?

Es müssten wieder die besten 15 Jahre für die Berechnung der Pensionshöhe herangezogen werden, fordert Stern, so wie vor der Pensionsreform 2003 durch Schwarz-Blau. Diese Reform mit dem neuen Durchrechnungszeitraum von 40 Jahren nennt sie einen "Sündenfall". Außerdem könnte man mit einem Grundeinkommen von 1.200 Euro Altersarmut vorbeugen, mit einer Vermögens- und Erbschaftssteuer wäre das leicht zu finanzieren. Auch die Grünen fordern eine neue Berechnungsgrundlage, auf 40 Beitragsjahre kämen Frauen nur selten. Dziedzic spricht sich auch für eine Grundsicherung aus. Heinisch-Hosek fordert eine weitere bessere Anrechnung der Kindererziehungszeiten und verweist auf die von der SPÖ geforderte Erhöhung der Mindestlöhne von 1.700, die auch steuerfrei sein sollten. Hager-Hämmerle setzt auf genaueres Wissen über den Stand der Dinge: Für alle soll es jährlich eine Mitteilung über das aktuelle Pensionskonto geben. Niss verweist auf die Anhebung der niedrigsten Pensionen, von der insbesondere Frauen profitiert hätten, sagt sie. Die ÖVP spricht sich auch für ein automatisches Pensionssplitting aus, das bedeutet: Wer kein Pensionssplitting will, muss das aktiv melden. Ansonsten werden automatisch Pensionsgutschriften jenes Elternteils, der vorwiegend Lohnarbeit geleistet hat, zu dem Elternteil umgeschichtet, der gratis Familienarbeit geleistet hat.

  • Braucht es ein höheres Frauenbudget?

Das Budget der FrauenministerInnen wurde seit 2010 nicht mehr erhöht. Deshalb unterstützen auch alle Parteien einen Antrag auf Erhöhung des Frauenbudgets. Trotz der geringen Mittel sei es sich für Frauenberatungseinrichtungen und feministische Vereine immer irgendwie ausgegangen, sagt Heinisch-Hosek, Frauenministerin von 2008 bis 2016. Dass Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) in ihrer Amtszeit nicht mehr die nötigsten Mittel aufstellte, kritisieren Grüne und SPÖ. Maria Stern fordert, dass nicht mehr das Frauenministerium allein für Themen wie Gewalt gegen Frauen zuständig sein sollte, wofür laut Stern die Hälfte des Frauenbudgets aufgewendet wird. Es müsste auch das Gesundheits- oder das Innenministerium einen Teil übernehmen, beispielsweise bei den Kosten für Täterarbeit, schlägt Stern zur finanziellen Entlastung des Frauenministeriums vor. Die Neos sähen mehr Planungssicherheit gewährleistet, wenn es für Frauenvereine künftig nur eine auszuzahlende Stelle gäbe statt der derzeitigen Förderstruktur, die sich aus Städten, Ländern und Bund zusammensetzt. (Beate Hausbichler, 12.9.2019)