Schulden sind unsozial, hat Sebastian Kurz immer wieder erklärt. Ist auch klar, das versteht jeder: Man darf nicht mehr ausgeben, als man hat oder einnimmt. Schulden seien zudem ein Laster der Sozialdemokraten, darauf wies der ÖVP-Chef auch noch hin, als er im April des heurigen Jahres freudig das Nulldefizit verkündete. Jenes für den Staat. Für die ÖVP schaut das ganz anders aus.

Die ÖVP gibt Geld, das sie nicht hat, mit vollen Händen aus. Alles zum Wohl ihres Chefs und seines Machterhalts. Es geht um teure, um viel zu teure Wahlkämpfe, um Marketing und PR-Maßnahmen, auch um Partys und andere Veranstaltungen, die man unter Repräsentation verbuchen könnte. Wenn es darum geht, die öffentliche Stimmung für Kurz zu beeinflussen, wird auf Pump Geld ausgegeben, als gäbe es kein Morgen. Keine Partei lässt sich die Öffentlichkeitsarbeit so viel kosten wie die ÖVP.

Die ÖVP gibt zuviel Geld für Wahlkämpfe aus.
Foto: Christian Fischer

2017 hat die ÖVP einen 15-Millionen-Euro-Kredit aufgenommen, die befreundete Raiffeisenbank war so gütig. Derzeit dürfte die ÖVP mehr als 20 Millionen Euro an Verbindlichkeiten haben. Das wirtschaftliche Geschick, das die ÖVP bei der Gestaltung der Staatsfinanzen für sich in Anspruch nimmt, scheint ihr im Umgang mit dem eigenen Geld zu fehlen.

Die finanzielle Situation der ÖVP ist ernst. Dafür ist auch eine Gesetzesänderung verantwortlich. Einnahmen aus Spenden waren für die ÖVP eine fixe Größe. 2017 waren es knapp drei Millionen, 2018 und 2019 zusammen rund 2,7 Millionen. Das fällt nun weitgehend weg. Die Obergrenze für Spenden, die eine Partei im Jahr lukrieren darf, wurde heuer mit 750.000 Euro festgelegt – für die ÖVP ein herber Schlag. Sie hatte ihre großzügigen Gönner offenbar fix zur Rückzahlung der Schulden eingeplant. Die knapp zehn Millionen Euro, die die Bundes-ÖVP aus der staatlichen Parteienförderung erhält, helfen da nur bedingt weiter. Dieses Geld wird auch für den laufenden Betrieb gebraucht.

Die kurzfristige Absetzung war ein weiterer finanzieller Schlag. Mit einem Mal mussten alle Mitarbeiter, auch der gesamte Bereich, der sich um die Vermarktung der Person Kurz kümmerte, aus dem Kanzleramt in die Parteizentrale übersiedeln und von dort auch bezahlt werden. Umso wichtiger ist es für Kurz, rasch wieder Kanzler zu werden, um sich nicht nur politisch, sondern auch finanziell zu konsolidieren. Ein Beleg für seine wirtschaftspolitische Handlungsfähigkeit ist das aber nicht. (Michael Völker, 12.9.2019)