Franziska, sieben, möchte gerne allein zur Schule gehen. Sie versucht bei jeder Gelegenheit mit ihren Eltern darüber zu diskutieren. Vera, die Mama, ist nicht begeistert davon, da das Mädchen in der Früh vom Papa, auf dem Weg zur Arbeit, in die Schule gebracht werden kann und ihr fünfjähriger Bruder Elias sowieso in die gleiche Richtung in den Kindergarten muss.

Am letzten Elternabend haben die anwesenden Eltern der ersten Klasse über das Thema "allein zur Schule" gesprochen. Die meisten Eltern waren sich darüber einig, dass die Kinder auf dem Weg zur Arbeit vorbeigebracht werden können. Susanna, die Mama von Eric, sechs, hat sich nicht getraut zu sagen, dass ihr Sohn schon ab dem zweiten Schultag allein zur Schule geht.

Johannes (12) und sein Bruder Jonathan (14) besuchen dieselbe Schule. Die beiden Jungs bestehen darauf, von den Eltern zur Schule gebracht zu werden, denn dann können sie eine halbe Stunde länger schlafen. Obwohl es für die Eltern mühsam und lästig ist, fällt ihnen kein gutes Argument ein, weshalb die Kinder selbstständig zur Schule fahren sollten.

Allein auf dem Weg zur Schule

An Schultagen herrscht vor fast jeder Schule das gleiche Chaos. Stau bildet sich auf der Zufahrt, Autos stehen kreuz und quer, wo immer ein freier Platz ist. Sei es bei der Bushaltestelle, vor Einfahrten oder einfach in zweiter Spur. Manchmal wird dauergehupt. Oft lassen Eltern ihre Kinder in diesem Durcheinander aus dem Auto springen und hoffen, dass ihrem Nachwuchs in dem Chaos nichts passiert. Ältere Kinder düsen mit dem Fahrrad oder den Scootern auf dem Gehweg zwischen den Fußgängern durch.

Auf dem Schulweg lauern zahlreiche Gefahren.
Foto: APA/BARBARA GINDL

Laut Statistik Austria sind im Jahr 2018 auf dem Weg zur Schule in Österreich 570 Schülerinnen und Schüler zwischen sechs und 15 Jahren bei Unfällen verletzt worden. Oberösterreich ist der Spitzenreiter mit 107, gefolgt von Niederösterreich mit 93 und Wien mit 88 verletzten Kindern und Jugendlichen. Die wenigsten Schulwegunfälle sind im Burgenland mit nur neun zu verzeichnen. So waren im Vorjahr die häufigsten Ursachen für Unfälle auf dem Schulweg Unachtsamkeit und Ablenkung. Laut ÖAMTC lassen sich 31 Prozent aller Schulwegunfälle darauf zurückführen.

Damit das Kind unfallfrei ankommt

Kinder sind oft mit dem Straßenverkehr überfordert. Deshalb ist es wichtig, dass sich Eltern und Bezugspersonen den besten Schulweg überlegen. Nicht immer ist der kürzeste Weg auch der ungefährlichste, denn es ist viel sicherer, Ampeln und Zebrastreifen zum Überqueren von Straßen zu nutzen. Beim Üben des Schulweges ist es wichtig, dass das Kind die volle Aufmerksamkeit der Erwachsenen erhält und diese sich ihrer Vorbildfunktion bewusst sind.

So mancher Erwachsene ist sich seiner Vorbildwirkung durchaus bewusst, handelt aber oft nur dann danach, wenn er meint, dass grad ein Kind in Sichtweite ist. Der rasche prüfende Blick macht nicht immer sichtbar, ob nicht vielleicht doch ein Kind die Möglichkeit hat, den Erwachsenen zu beobachten.

Üben, wie es später sein wird

Der Schulweg muss so geübt werden, wie er auch später zu meistern ist, wenn das Kind dann ohne Begleitung unterwegs ist. Das macht man am besten dann, wenn die Begleitpersonen keinen Stress und genug Zeit dafür haben und das Kind fokussiert darauf ist, was die Bezugsperson ihm zeigt und worauf es achten muss.

Aufgrund der Körpergröße haben Kinder ein ganz anderes Sichtfeld als Erwachsene. Dessen sollten sich Eltern bewusst sein, damit sie ihren Nachwuchs auf mögliche Gefahrenquellen hinweisen können. Manchmal nützt es, wenn die Großen sich von ihren Kindern erzählen lassen, was diese sehen – und sich eventuell auch auf deren Augenhöhe begeben, um zu verstehen, wie das Sichtfeld des Nachwuchses ist.

Mehrere Übungseinheiten

Es macht Sinn, zu Schulbeginn nochmals explizit zu wiederholen und einzuüben, was die Kinder eigentlich schon können sollten, seit sie mit den Eltern und Bezugspersonen zu Fuß unterwegs sind und zu ihrem Schutz nicht mehr an der Hand gehen mussten.

Für Kinder ist es wichtig, dass sie nochmals kurz und klar die wichtigsten Regeln für das Verhalten im Straßenverkehr erklärt bekommen – um sie dann in der möglicherweise stressigen und aufregenden Situation des Alleingehens anwenden zu können.

Klappt der Schulweg, kann man noch mögliche Herausforderungen besprechen. Wie zum Beispiel "Was machst du, wenn der Schutzweg gesperrt ist" oder "Was tust du, wenn die Ampel ausgefallen ist?" oder "Was machst du, wenn auf der anderen Straßenseite jemand nach dir ruft oder jemand bei Rot über die Kreuzung rennt?".

So lernt das Kind, eigene Überlegungen anzustellen und selbstständig Lösungen zu finden. Nicht unbedeutend ist, dass so nebenbei auch die Erwachsenen mehr Sicherheit bekommen, dem Nachwuchs zuzutrauen, den Schulweg allein zu bewältigen.

Um das Kind langsam daran zu gewöhnen, den Schulweg allein zu bewältigen, kann es für das Gefühl der Sicherheit von Kind und Bezugsperson sehr hilfreich sein, beim Hinbringen das Kind das letzte Stück allein gehen zu lassen und diese Strecke immer wieder Stück für Stück zu verlängern. Gleiches gilt für den Nachhauseweg, sodass alle immer mehr Sicherheit und Vertrauen in die Kompetenz des Kindes erlangen, sich im Straßenverkehr sicher zu bewegen.

Ihre Erfahrung?

Welche Gedanken haben Sie dazu bewegt, Ihr Kind in die Schule zu fahren oder es den Schulweg allein bewältigen zu lassen? Ab wann haben Ihre Kinder den Schulweg allein bewältigt? Gibt es einen Unterschied zwischen Zur-Schule- und Nach-Hause-Kommen? Posten Sie Erfahrungen und Ideen im Forum! (Andrea Leidlmayr, Christine Strableg, 13.9.2019)