Der Ex-ÖVP-Vizekanzler tritt in einem Wahlkampfvideo der SPÖ auf und fordert mehr Miteinander. Dem Auftritt habe er aber nicht zugestimmt, so der ehemalige VP-Chef.

Foto: Screenshot Video SPÖ

Das ist eine Seltenheit, besonders in Zeiten des Wahlkampfs: Ein Ex-Politiker beteiligt sich an einem Wahlvideo seines ehemaligen Konkurrenten. Genau das ist jetzt passiert: Reinhold Mittlerlehner, von 2014 bis 2017 Vizekanzler und heute noch aktives ÖVP-Mitglied, tritt aktuell in einem Wahlkampfvideo der Sozialdemokraten auf. Allerdings sei der Auftritt in dem Video nicht abgesprochen gewesen, sagte Mitterlehner am Donnerstag zu den "Oberösterreichischen Nachrichten".

Mitterlehner gibt in dem Video einer SPÖ-Wandergruppe mit Ex-Minister Alois Stöger eine Führung durch die Burg Piberstein im oberösterreichischen Mühlviertel. Der ehemalige ÖVP-Chef wird bei der Führung nicht müde, den Respekt gegenüber dem roten Mitbewerber und die gegenseitige Zusammenarbeit trotz unterschiedlicher Positionen zu betonen.

Keine Erfolgswünsche für SPÖ, sondern für Demokratie

Während Mitterlehners Führung fällt immer wieder latente Kritik an der Politik seines Nachfolgers Sebastian Kurz auf. Zu seiner Zeit hätten sie noch Respekt voreinander gehabt und hätten zugehört, was der Mitbewerber sagt. Das Entscheidende sei der erzielte Konsens gewesen. Das fehle uns heute da und dort, in der Sozialpartnerschaft und in anderen Bereichen, bedauert Mitterlehner.

"Ich kann euch jetzt nicht sagen, ich wünsche euch Erfolg", sagt Mitterlehner am Schluss des Videos. Er sei ja "nach wie vor Mitglied der gleichen Partei". Aber er wünsche der Demokratie viel Erfolg.

Ex-VP-Chef habe nichts von Entstehung des Videos gewusst

Die Verwendung dieser Ansprache sei mit ihm "in keiner Weise abgesprochen gewesen", sagte Mitterlehner im Gespräch mit den "Oberösterreichischen Nachrichten". Hätte er gewusst, dass Stöger daraus ein Wahlvideo machen lässt, "hätte ich dem keinesfalls zugestimmt, denn ich lasse mich nicht in den Wahlkampf ziehen" – auch wenn er weiterhin zu dem Gesagten stehe.

Mitterlehner selbst stammt aus der Gemeinde Helfenberg, in der auch die Burg liegt. Er biete regelmäßig Führungen in der Burg an. An diesem Tag seien zwei Gruppen gekommen. Viele hätten die öffentliche Führung "fotografiert und gefilmt", und am Ende habe sich Stöger bei ihm "für die gute Zusammenarbeit" in der Regierung bedankt.

Auch wenn sein Auftritt unfreiwillig war, will Mitterlehner keine rechtlichen Schritte einleiten. Er wolle aber betonen, "dass ich weder eine Wahlempfehlung für die SPÖ abgegeben noch Kurz oder die ÖVP kritisiert habe".

"Machtergreifung und Machtdurchsetzung"

Erst im April hatte Mitterlehner ein Buch veröffentlicht, in dem er mit der türkisen Volkspartei unter Kurz abrechnete. Er berichtete über Intrigen, Mobbing und Machtstreben seines Nachfolgers. Schon im Prolog klagte er, dass es in der Politik "fast nie um den Wettbewerb der besseren Konzepte" gehe, sondern "um Machtergreifung und Machtdurchsetzung". Außerdem habe Kurz die Rechten salonfähig gemacht. (red, 12.9.2019)