Motivation für den Zielsprint: Für die einen ist das das kühle Bier, für andere die nicht alkoholische Alternative oder einfach nur Apfelsaft.

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Für viele gehört ein kühles Bier nach dem Sport einfach dazu. Es dient als Belohnung nach der Anstrengung und soll, so das Argument, die Regeneration ankurbeln, indem dem erschöpften Körper Flüssigkeit und Elek trolyte zugeführt werden. Erfrischend ist es obendrein.

Letzteres mag stimmen. Dass Alkohol die Regeneration fördert, stimmt allerdings nicht. Gegen ein Bier als Belohnung nach einem langen Lauf ist trotzdem nichts einzuwenden. Ein Blick auf die Zutatenliste des Hopfengetränks klingt durchaus vielversprechend: Bier enthält die für Sportler wichtigen Kohlenhydrate und Vita mine, beispielsweise Vitamin B2 und B6.

Dafür enthält es weniger Mineralstoffe. Die von Sportlern heißgeliebten Elektrolyte, die beim Schwitzen ausgeschwemmt werden, zum Beispiel. Außerdem enthält Bier nicht ausreichend Proteine. Eiweiß spielt bei der Regeneration der Muskeln eine bedeutende Rolle. Die leeren Speicher sollten aufgefüllt werden – und die Zeit ist nach dem Training knapp: "Was man nach dem Sport an Eiweiß nicht zuführt, kann man später nicht nachholen", sagt der deutsche Sportmediziner Klaus Poettgen. Daher sollten Sportler im Kühlschrank nicht nur zum Bier greifen, sondern nach einer Belastung auch 25 bis 40 Gramm Eiweiß zuführen.

Alkoholfreies Bier

Bei den meisten Hobbysportlern ist das Auffüllen der Speicher allerdings kein Problem, betont der Sportmediziner Wolfgang Schobersberger, Leiter des Instituts für Sport-, Alpinmedizin und Gesundheitstourismus der Tirol-Kliniken und der Privatuniversität UMIT in Hall. Er rät dazu, sich nach dem Training ehrlich zu überlegen, wie sehr man sich angestrengt hat: "Die meisten nehmen nach dem Sport mehr zu sich, als sie brauchen." Besonders wenn sie abnehmen wollen. Eine Halbe hat mehr als 200 Kalorien. Dafür muss man schnell einmal 20 Minuten sporteln.

Viele greifen nach dem langen Lauf auch zu alkoholfreiem Bier. Keine schlechte Idee: In einer Studie zeigten Sportmediziner der TU München vor einigen Jahren, dass alkoholfreies Weißbier tatsächlich positive Auswirkungen auf die Gesundheit von Sportlern hat. Dem Bier beigemengte Polyphenole könnten die Anfälligkeit für Krankheiten, zum Beispiel Erkältungen, nach einem Marathon mindern.

Allerdings, das betont der Salzburger Sportmediziner Jörg Eichinger, mussten die Probanden in den Wochen vor und nach dem Marathon 1,5 Liter "Erdinger Alkoholfrei" trinken – pro Tag. Polyphenole, denen bei der Studie die positive Wirkung zugeschrieben wurde, sind aber auch in Nüssen enthalten – und in geringerer Dosis im regulären Bier.

Das beste Getränk zur Regeneration ist für den Sportmediziner Poettgen aber ohnehin richtiges Mineralwasser. Es sollte mindestens 100 Milligramm Magnesium sowie 1000 Milligramm Hydrogencarbonat pro Liter enthalten.

"Katastrophe" für den Körper

Noch ein Problem sieht der Sportmediziner Schobersberger mit dem Biergenuss nach dem Sport: Damit lässt sich der Körper zwar rehydrieren. Weil Bier aber treibend wirkt, scheidet der Körper die aufgenommene Flüssigkeit relativ rasch teilweise wieder aus.

Und das Problem ist oft, dass es nicht bei dem einen Bier bleibt. Zwei Bier oder zwei Gläser Wein am Abend vor einem Training am nächsten Tag findet Jörg Eichinger okay. Wird aus dem einen Bier eine Sauferei, dann ist das für Klaus Poettgen aber eine "Katastrophe" für den Körper. Denn der Alkoholkonsum hat auch Auswirkungen auf die Schlafqualität. Exzessives Trinken schwächt außerdem das Immunsystem, es reduziert wichtige Heilungsprozesse in der Muskulatur und hemmt das Muskelwachstum.

Gefährlich wird es außerdem, wenn der Sport nach dem Alkoholkonsum fortgesetzt wird, etwa nach einem Zwischenstopp auf der Skihütte. "Es gibt eine klare Evidenz, dass durch Alkohol die Konzentration und die Koordinationsfähigkeit reduziert werden", sagt Schobersberger.

Kein exzessiver Sport

Wer am Vorabend zu viele vermeintliche Regenerationsbiere hatte, sollte am nächsten Tag, wenn überhaupt, nur leicht trainieren. Von der weitverbreiteten Idee, durch exzessiven Sport den Kater auszukurieren, raten Experten ab. Zu hartes Training könnte die Symptome sogar noch verstärken, sagt der Sportmediziner Eichinger. Und er stellt klar: "Der Sport bewirkt keinen schnelleren Abbau des Alkohols."

Noch ein weitverbreiterter Sportmythos: Immer wieder hört man von Menschen, die erst durch Alkohol sportliche Höchstleistungen erzielen, etwa bei Marathons. "Das funktioniert sicher nicht", winkt Schobersberger ab: "Alkohol reduziert schon in geringen Mengen die Ausdauerleistung."

Profiathleten trinken ohnehin kaum Alkohol. Schobersberger erzählt auch von Patienten, die mit Sport beginnen und im Laufe der Zeit fast automatisch auch ihre Work-Life-Balance und Ernährung verändern – und damit auch ihren Alkoholkonsum drosseln. Denn wer fit für den Lauf am Morgen sein will, stößt am Abend davor lieber nichtalkoholisch an. Mit Mineralwasser zum Beispiel. (Franziska Zoidl, 14.9.2019)