Achtzehn Monate brauchte ÖVP-Chef Sebastian Kurz, bis er den FPÖ-Mann Herbert Kickl als nicht mehr ministrabel erachtete, beim ORF-Duell mit dem blauen Chef Norbert Hofer benötigte er nur ein paar Sekunden, um eine andere Person als Ministerin vom Tisch zu wischen.

Konkret hielt Hofer dem türkisen Ex-Kanzler am Mittwochabend im ORF vor: "Ich möchte zum Beispiel nicht eine Regierung haben, die dann grün-schwarz ist und wo dann eine Sigi Maurer zum Beispiel Ministerin wird und wir einen Stinkefinger bekommen" – eine Anspielung darauf, dass die Grüne 2017 nach dem Rausflug ihrer Partei aus dem Nationalrat allen Hasspostern auf einem Foto symbolisch den Mittelfinger gezeigt hatte und dieses im Netz verbreitete.

Hofers Kalauer amüsierte den jungen Altkanzler sichtlich: "Das ist ausgeschlossen!", sagte Kurz im Öffentlichen-Rechtlichen – "außer es gibt eine linke Mehrheit in Österreich, wenn es Rot-Grün-Neos gibt vielleicht!"

Für Sigi Maurer steht ein wichtigeres Urteil an.
Foto: Heribert Corn

Auf Anfrage lässt Maurer diese Absage für höhere Würden kalt: "Wir beschäftigen uns nicht mit MinisterInnenämtern", sagt sie zum STANDARD. "Vielmehr laufen wir darum, wieder in den Nationalrat einzuziehen."

Neuer Bierwirt-Prozess steht an

Abgesehen davon steht für die grüne Listendritte in Wien am Montag ein anderer wichtiger Entscheid bevor: Denn da wird ab 10 Uhr im Saal 303 des Straflandesgerichts von Richter Hartwig Handsur die Causa "Bierwirt gegen Maurer" neu aufgerollt, nachdem das Oberlandesgericht im März das erstinstanzliche Urteil vom Herbst 2018 aufgehoben hat.

Die Vorgeschichte: Im Frühjahr 2018 hatte Maurer die obszönen Privatbotschaften via Facebook vom Account eines Bierhändlers im achten Bezirk über soziale Netzwerke geoutet – und auch die Identität des Mannes. Der Ladenbesitzer klagte Maurer daraufhin unter anderem wegen übler Nachrede und bestritt stets, die Nachrichten abgesendet zu haben, Gäste hätten Zugang zu seinem Account gehabt.

Gemäß dem Spruch von Richter Stefan Apostol wurde Maurer zu 3.000 Euro verurteilt, dazu hätte sie dem Unternehmer 4.000 Euro wegen erlittener Kränkung zahlen sollen und auch die Kosten des Verfahrens zahlen müssen. Doch die Ex-Abgeordnete wie ihr Privatankläger legten gegen das nicht rechtskräftige Urteil Berufung ein.

Das Oberlandesgericht hielt im Zuge der publicityträchtigen Aufhebung dann unter anderem fest: "Die Beweiswürdigung" habe in dem Prozess "kein stimmiges Bild" ergeben, denn der Privatankläger habe "nicht schlüssig dargestellt, dass konkret eine andere Person die Nachrichten geschrieben und verschickt hat".

Für Montag sind daher noch einmal alle Zeugen geladen. Maurer selbst hofft erneut auf "einen Freispruch – auch im Sinne aller anderen Frauen, die von Hass im Netz betroffen sind". (Nina Weißensteiner, 12.9.2019)