Hab Dich! Eine Ratte versteckt sich vor Wissenschaftern – per Gaudi.

Foto: Reinhold/Sanguinetti-Scheck/Hartmann & Brecht

Berlin – Verstecken spielen ist nicht nur unter Menschen sehr beliebt. Auch Ratten scheinen sich dabei zu amüsieren, wie eine Studie von Berliner Forschern des Bernstein Center for Computational Neuroscience an der Humboldt-Universität nahelegt.

Die Nager lernten die Regeln demnach schnell und konnten zwischen der Rolle des Suchers und des Versteckten wechseln. Zudem machten sie den Eindruck, dass ihnen das Spiel Spaß bereite, berichten die Wissenschafter im Fachmagazin "Science". Ihre Ergebnisse ließen vermuten, dass dieses Spiel seine Anfänge schon sehr früh in der Evolutionsgeschichte hat. Auch andere Tiere spielen insgesamt gern und empfinden wahrscheinlich wie wir Menschen Spaß dabei.

Freudige Quietscher

Die Forscher hatten die Spielleidenschaft der Nager mit jugendlichen männlichen Ratten in einem Raum von 30 Quadratmetern und sieben Versteckmöglichkeiten untersucht. Sie brachten den Tieren zunächst die grundlegenden Regeln des Spiels bei. Alle sechs Ratten lernten innerhalb von ein bis zwei Wochen, eine versteckte Person zu suchen und zu finden. Fünf lernten außerdem, sich selbst zu verstecken und zwischen den Rollen zu wechseln.

Das eigentliche Experiment sah dann so aus: Die Forscher setzten die Ratte in eine Box mit ferngesteuertem Deckel. Dann versteckte sich der menschliche Spielkamerad. Sobald sich die Box öffnete, machte sich die Ratte auf die Suche nach dem Menschen. Wie die Wissenschafter berichten, schauten die Nager, begleitet von lautem Quietschen, hinter verschiedenen Versteckmöglichkeiten nach. Hatte die Ratte das Versteck gefunden, wurde sie mit Zuneigungsbekundungen belohnt, also etwa gekitzelt. Eine Futterbelohnung gab es nicht.

In einem zweiten Versuchsteil übernahm die Ratte die Rolle des Versteckten: Dazu kauerte sich der Mensch geräuschlos neben die offene Box, woraufhin das Tier heraussprang und sich versteckte. Anders als zuvor ging die Ratte jetzt ganz still vor und suchte ihr Versteck mit Bedacht, berichten die Forscher. Sie bevorzugte dabei undurchsichtige vor durchsichtigen Verstecken.

Evolutionäre Anlage

"Aufgrund einer ganzen Reihe von Beobachtungen innerhalb unserer Studie haben wir den Eindruck, dass die Ratten spaßeshalber spielen", so Michael Brecht, Ko-Autor der Studie. Völlig ausschließen können die Wissenschafter nicht, dass die Tiere nur der Belohnung wegen spielen. Aber vieles spreche für ihre Hypothese, etwa das laute Rufen und das geschickte Vorgehen der Tiere. "Wenn wir sie finden, sausen sie oft weg und verstecken sich noch mal an einem anderen Ort", so Brecht. Auf diese Weise verzögert sich die Belohnung – ein weiteres Indiz dafür, dass die Ratten wegen des Spaßeffekts Verstecken spielten.

Aufzeichnungen der Gehirnaktivität zeigten während des Spielens eine erhöhte Aktivität im präfrontalen Cortex der Ratten. Sie variierte mit den verschiedenen Rollen. Bei Menschen ist dieser Bereich des Gehirns für die soziale Wahrnehmung zuständig und ermöglicht einen gedanklichen Perspektivenwechsel. "Tiere mit komplexen Sozialverhalten spielen in der Regel besonders viel", so Brecht. Die Forscher gehen davon aus, dass das Spielen eine Art Trainingsverhalten des Gehirns ist, um bestimmte Fähigkeiten zu erwerben oder zu verbessern.

Spielverhalten wurde in der Vergangenheit bei vielen Arten beobachtet, etwa bei Wölfen, Raubkatzen oder Affen. Im Gegensatz zu spielerischem Balgen beinhaltet das Spiel Verstecken aber Regeln, die Tiere verstehen müssen – und die sie offensichtlich verstehen. (red, APA, 13.9.2019)