In der BVT-Affäre flogen damals noch die Fetzen, bei der Pressekonferenz im April suchten die obersten Beamten von Justiz- und Innenministerium, Christian Pilnacek und Peter Goldgruber, gemeinsam nach Neonazis.

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Es war eine äußerst eilig einberufene Pressekonferenz Anfang April dieses Jahres, bei der Innen- und Justizministerium einen Schlag gegen die Neonaziszene verkündeten: An 32 Orten in ganz Österreich hätten Hausdurchsuchungen stattgefunden.

Jetzt hat das Oberlandesgericht Graz fünf Razzien, die schon 2018 nach einem Rechtsrockkonzert stattgefunden hatten und ausschlaggebend waren für die größer angelegte Aktion im April 2019, für illegal erklärt. Dem STANDARD liegen die Bestätigungen des Gerichts vor, das mangels Anfangsverdachts die Maßnahmen von 2018 aufhob. Schon bei der Pressekonferenz im April war der Verdacht im Raum gestanden, es handle sich um ein Ablenkungsmanöver der türkis-blauen Regierung von den Verstrickungen der FPÖ mit der rechtsextremen Identitären Bewegung.

Fragwürdiger Zeitpunkt

Damals, noch unter der Ägide des Innenministers Herbert Kickl (FPÖ) und des Justizministers Josef Moser (von ÖVP nominiert), lobten die Generalsekretäre der beiden Ministerien, Christian Pilnacek und Peter Goldgruber, die Aktion als "Erfolg". Die Ermittlungen seien jedenfalls ein "Beweis, dass die Beamten von Justiz und Polizei exzellent zusammengearbeitet haben", sagte Pilnacek.

Warum die Hausdurchsuchungen ausgerechnet an jenem Tag im April stattfinden mussten, konnte Pilnacek damals nicht erklären. An einem dringenden Tatverdacht schien es nicht gelegen zu sein. Festgenommen wurde nämlich kein einziger der 90 Verdächtigen. Zudem waren die vorangegangenen und jetzt für illegal erklärten Hausdurchsuchungen schon mehr als ein Jahr zuvor durchgeführt worden. Der Grund liege keinesfalls in einem Versagen des Verfassungsschutzes, betonte Pilnacek im April, sondern in einem "Dauerkrankenstand" bei der Staatsanwaltschaft Leoben. Dass es damals eine Weisung gegeben habe, dementiert das Innenministerium auf Anfrage des STANDARD nun.

Fragwürdiger Grund

Die ursprünglichen Razzien erfolgten bei Besuchern eines Konzerts eines als rechtsradikal bekannten Sängers, das im Jänner 2018 in St. Barbara im Mürztal stattgefunden hatte und von mehreren angeblichen Neonazis besucht worden sein soll. Bei den Hausdurchsuchungen mehr als ein Jahr später wurden dann einige Schlagstöcke, Messer und einschlägige Fahnen beschlagnahmt. Die Verdächtigen wurden nach dem Verbots- und Waffengesetz angezeigt.

Die Razzien fanden jedenfalls mit großem Aufwand statt: Mehr als 200 Beamte in allen Bundesländern außer Tirol waren im Einsatz. Hauptbeschuldigter ist ein 1990 geborener Steirer, der den Gig organisiert hat. Der Veranstalter war bereits einschlägig bekannt und nach dem Verbotsgesetz verurteilt. Deshalb habe das steirische Amt für Verfassungsschutz (LVT) das Konzert beobachtet und Meldung an die Staatsanwaltschaft erstattet.

Laut "Kurier" soll das LVT bei dem Konzert aber keine Straftat festgestellt haben. Trotzdem seien nach und nach Hausdurchsuchungen genehmigt worden. Bei der Pressekonferenz haben die beiden Generalsekretäre ein anderes Bild gezeichnet und von Verstößen gegen das Verbotsgesetz gesprochen. Die Razzien seien der Beweis, dass man im Land etwas gegen Rechtsextremismus unternehme. Kein Einziger der Beschuldigten sei beim Konzert belastet worden, sagte der Anwalt der Beschuldigten zum "Kurier". (fsc, red, APA, 13.9.2019)