Auch Hyazinth-Aras fanden sich in der Sammlung des Angeklagten.

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Korneuburg – Wer hinter "Rotschwanzamazonen" einen speziellen Stamm mythischer Kriegerinnen vermutet, liegt falsch, wie man im Landesgericht Korneuburg erfahren kann. Tatsächlich handelt es sich um brasilianische Papageien, deren Bestand gefährdet ist und die deshalb dem Washingtoner Artenschutzabkommen unterliegen. Der 55 Jahre alte Arzt und Vogelfreund Doktor W. soll von 2011 bis 2015 einen Komplizen mit der illegalen Einfuhr dieser und anderer geschützter Vögel beauftragt haben, weshalb sich der Mediziner nun vor einem Schöffengericht unter Vorsitz von Lydia Rada verantworten muss.

Es geht um 17 Tiere, die Belastungszeuge Johann Z. im Auftrag W.s um zehntausende Euro in Portugal gekauft und nach Österreich gebracht haben soll. Der rhetorisch geschickte Angeklagte weist die Anschuldigung empört zurück. Alle von der Zollfahndung sichergestellten Vögel hätten entsprechende Dokumente und seien Nachzuchten – und damit legal.

Mit 18 auf den Geschmack gekommen

Bereits sein Vater habe Amazonen, Aras und Goldsittiche gezüchtet, er sei mit 18 auf den Geschmack des bunten Federviehs gekommen. Er sei mit Kollegen in ganz Europa in Kontakt gestanden, den portugiesischen Züchter habe er über das Internet gefunden. Herr Z., der schon mit W.s Vater bekannt war, habe davon gesprochen, dass er Nachzuchten "zur Blutauffrischung und Zuchterweiterung" auftreiben könne.

Er selbst sei zwei- oder dreimal in Portugal gewesen. Einmal mit 45.000 Euro in bar, die er bei der Ausreise in Wien ordnungsgemäß deklariert hatte. "Wofür war das Geld?", will die Vorsitzende wissen. "Ich dachte an den Kauf einer Immobilie." Denn seine Volieren hätten eine Nachbarin gestört, die ihn wegen Lärmerregung geklagt habe.

Bericht über zu kleine Käfige

Interessanterweise findet sich in den "Niederösterreichischen Nachrichten" ein Artikel, dem zufolge der Amtstierarzt damals festgestellt habe, dass die Papageien in zu kleinen Käfigen gehalten wurden. Auch W. kommt in dem Artikel zu Wort, von Lärmerregung spricht er nicht. Dagegen wird berichtet, dass W. dem Amtstierarzt nicht verraten wollte, wohin er die Tiere gebracht hatte.

Die Vögel kamen damals jedenfalls zu den Eltern von Z., der selbst züchtete. W. verdächtigt den dreifach wegen Tierschmuggels Vorbestraften, er müsse Markierungsringe der Tiere manipuliert haben.

Zertifikate toter Vögel

Z. bleibt in seiner Aussage dagegen bei den Anschuldigungen und schildert detailreich Insiderwissen der internationalen Operationen. Eier würden aus Brasilien geschmuggelt, geschlüpfte Tiere seien in einem Stundenhotel mit den Ringen und Zertifikaten toter Tiere ausgestattet worden. Oder man besorgte sich gleich Formulare bei korrupten portugiesischen Beamten und Tierärzten. In Nachrichten an W. habe man Codewörter verwendet: "Steine" für "Eier" oder "spezielle Blaue" für die extrem seltenen Lear-Aras.

Der Prozess wird am 18. November fortgesetzt. (Michael Möseneder, 13.9.2019)