Peter Seisenbacher bei den Olympischen Spielen 2012 in London.

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Peter Seisenbachers Biografie hätte eine unbeschwerte Heldensage sein können; Goldschmied blieb Goldschmied wäre ein passender Titel gewesen. Die Handlung: wie der Wiener 1988 als erster Judoka erfolgreich einen Olympiasieg verteidigte.

Aber es blieb nicht bei dieser Geschichte. Seisenbacher sitzt derzeit in der Justizanstalt Josefstadt, 2016 war der wegen Kindesmissbrauchs Angeklagte vor seinem Prozess geflüchtet. 2017 wurde er in der Ukraine aufgegriffen, aber auf freien Fuß gesetzt, da das Delikt nach ukrainischem Recht verjährt war. Nun wurde der 59-Jährige beim Grenzübertritt nach Polen mit einem gefälschten Pass festgenommen und ausgeliefert.

Vom Lehrling zu Olympia

Seisenbachers sportlicher Aufstieg kam unverhofft. 1980 holte der 20-jährige Goldschmiedlehrling überraschend den Staatsmeistertitel und fuhr deshalb zur EM. Die Teilnahme am folgenden Trainingslager kostete den Judoka die Lehrstelle, sollte sich aber lohnen: Viele namhafte Konkurrenten ließen die EM aus, Seisenbacher "passierte" EM-Silber und damit das Olympia-Ticket.

In Moskau 1980 war noch wenig von Seisenbachers künftigen Erfolgen zu spüren, er verlor seinen ersten Kampf. Aber der frischgebackene Heeressportler hatte in der Vorbereitung Entscheidendes gelernt: Wer in diesem Sport etwas reißen will, muss in Japan trainieren.

Gold, Gold

Das tat Seisenbacher. Bei den Spielen 1984 raste er mit fünf Siegen in insgesamt zwölf Minuten zu Gold im Mittelgewicht. Der Olympiasieg 1988 war angesichts zweier Seitenbandverletzungen noch bemerkenswerter, danach beendete der zweifache Vater seine aktive Karriere. In vier Jahren als Generalsekretär der Österreichischen Sporthilfe erwies er sich als zu streitbar.

Auch als Judo-Verbandskapitän hörte der Olympionike wegen persönlicher Differenzen auf, Trainer blieb er. Zuerst in Wien, dann bereitete er die Nationalteams von Georgien und Aserbaidschan auf Olympia 2012 bzw. 2016 vor. Ab 2014 arbeitete Seisenbacher zudem für eine obskure Firma, die mit Schürfrechten handelte.

Missbrauchsanklage

Während seiner Tätigkeit für einen Wiener Verein soll sich Seisenbacher laut Anklage zwischen 1997 und 2004 an zwei damals noch unmündigen Mädchen vergangen haben, ein drittes habe ihn abgewehrt. Dreijährige Ermittlungen führten zur Anklage, zur Flucht, zur Festnahme, zur Freilassung, zur Festnahme, zur Auslieferung. Es gilt die Unschuldsvermutung. (Martin Schauhuber, 13.9.2019)