"Gäbe es Norbert Hofer nicht, müsste man ihn erfinden", sagte Herbert Kickl (links) über seinen Parteifreund auf dem Parteitag in Graz.

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"Das freundliche Gesicht von Norbert Hofer hier ist etwas ganz anderes als die Untergriffe von Kickl", sagte Sebastian Kurz vergangene Woche in einer ORF-Wahlkonfrontation. Der Spitzenkandidat der ÖVP machte dem Spitzenkandidaten der FPÖ dieses Kompliment nicht zum ersten Mal. Und besonders originell war Kurz dabei auch nicht.

Seit der Bundespräsidentenwahl 2016 pflegt der neue FPÖ-Chef dieses Image des sanften, freundlichen und sachlichen Politikers. Und seine Strategie geht auf. In Porträts und Kommentaren ist Hofer stets "das freundliche Gesicht der FPÖ", "der freundliche Blaue" oder gar "fröhlich, freundlich, zurückhaltend".

Seit dem Scheitern der türkis-blauen Regierung wird Hofers Image mithilfe der ÖVP weiter ausgebaut: im freiheitlichen Gegensatzpaar "Hofer/Kickl". Dort der sich brachial gebärdende und ebenso agierende ehemalige Innenminister Kickl – hier der freundliche, besonne Hofer, der sogar das honorige Amt des Dritten Nationalratspräsidenten bekleidet hat. Hier der Vertreter jener FPÖ, mit der man nur zu gerne eine Neuauflage der alten Koalition wagen würde, dort das Sinnbild jener Eskapaden der FPÖ, die Kurz eineinhalb Jahre lang "aushalten musste".

"Türkische Führerscheinprüfung"

Wie durchschaubar und brüchig diese Imagestrategie ist, zeigte Hofers Auftritt beim FPÖ-Parteitag in Graz vergangenes Wochenende. Kurz nachdem er versichert hatte, dass er wieder einen Innenminister Kickl will, widmete sich Hofer dem blauen Lieblingsthema: Muslimen und dem Islam in Österreich. Mit einem enthusiastischen "Als ich die türkische Führerscheinprüfung abgeschafft habe" startet Hofer seine Erzählung über jene, die kein Deutsch beherrschen (Schulkinder in Wien) und unsere Werte nicht mittragen (Muslime).

Hofers großes Vorbild im Umgang mit Einwanderung und mit Muslimen im Speziellen ist Viktor Orbáns Ungarn: In einem "sehr guten Gespräch" habe er erfahren, dass Orbán, der ein sehr guter Freund Österreichs sei, "nur ein paar Muslime im Land hat, keine nennenswerte Zahl". "Österreich entwickelt sich ganz anders", bedauerte Hofer. Und nur mit der FPÖ würde man Ungarn näherkommen: Es brauche eine Partei, "die alles tut, um diesem Trend der völligen Veränderung unseres christlichen Abendlandes entgegenzutreten".

Zwischendurch vergisst Hofer auch nicht darauf, sein freundliches Gesicht zu wahren – und erwähnt, dass es auch gut integrierte Muslime gibt, um im nächsten Satz zu skandieren: "Der Islam war niemals ein Teil unserer Geschichte und unserer Kultur – und wird es auch niemals sein. Wir werden unsere Werte nicht aufgeben." Tobender Applaus im Saal.

Boxerjargon am Parteitag

Auf Hofer folgte Kickl mit einer Rede, die ohne Alibisätze über "eh Integrierte" auskam. Der ehemalige Innenminister bezeichnete Asylwerber und insbesondere die Afghanen als "Kriminelle" und als "Vergewaltiger". "Abschub statt Aufschub" sei sein Moto, und die politischen Gegner wolle er "panieren". Hofer und sich selbst sieht Kickl als "ein ganz gutes patriotisches Doppelpack: Die, die du nicht niederclinchst in deiner Art, die kriegen von mir eine Gerade oder einen rechten Haken." Der Saal tobte, und Hofer lachte enthusiastisch und applaudierte frenetisch.

Die Auftritte beim Parteitag haben es gezeigt: So unterschiedlich die beiden Reden in ihrer Diktion waren, so ähnlich sind die Botschaften. Es gibt keine zwei Gesichter der FPÖ – und schon gar nicht ein freundliches. Vor allem in Fragen der Migration und Integration gibt es in der Agenda der FPÖ keine "zwei Flügel", wie es die ÖVP und Sebastian Kurz gerne imaginieren. Es gibt lediglich unterschiedliche Geschmäcker: Die gefährliche Politik der Polarisierung, Pauschalisierung, Aufwiegelung und Ausgrenzung lassen sich manche lieber von einem "freundliche Gesicht" präsentieren. (Olivera Stajić, 17.9.2019)