Dominik Habsburg-Lothringen (links) und Heinz Brunold sind zuversichtlich, das Pumpspeicherkraftwerk St. Georgen realisieren und Anrainerbedenken im Vorfeld ausräumen zu können.

Foto: matthias cremer

Es geht um eine Großinvestition, die nicht nur Wertschöpfung für eine wirtschaftlich nicht gerade prosperierende Region in Aussicht stellt, sondern auch eine Stütze für das Stromnetz im Südosten Österreichs zu sein verspricht: das Pumpspeicherkraftwerk St. Georgen im Kärntner Lavanttal.

Die Idee für das Projekt hatte Heinz Brunold. Bis zu seinem Ausscheiden aus der Steweag 2001 und der anschließenden Gründung eines Ingenieurbüros war der gebürtige Kärntner bei der inzwischen in Energie Steiermark umbenannten Gesellschaft für Wasserkraftsachen verantwortlich. "Ich habe nichts anderes gemacht als dem 380-kV-Ring (Kilovolt, Anm.) mit dem Finger auf der Landkarte nachzufahren und dann Erkundungen im Gelände vorzunehmen", schildert Brunold im STANDARD-Gespräch seine Vorgangsweise.

"Topografie nahezu perfekt"

Warum gerade entlang der 380-kV-Leitung? Weil es heutzutage extrem schwierig bis fast unmöglich sei, in überschaubarer Zeit eine Hochspannungsleitung zu bauen. Proteste – siehe Salzburgleitung – seien vorprogrammiert.

Auf der Kärntner Seite der Koralm sei er schließlich fündig geworden. "Das Gelände dort ist steil, die Topografie für ein Pumpspeicherkraftwerk nahezu perfekt", sagt Brunold. "Und es gab und gibt nur einen Grundeigentümer – Dominik Habsburg." An dessen Tür habe er vor sechs Jahren spontan angeklopft und gesagt, ich hätte da so eine Idee. Inzwischen ist Habsburg nicht nur Unterstützer des Projekts, sondern hält auch die Mehrheit an der Betreibergesellschaft Econhydro.

"Mit mir kann man über alles reden, habe ich gesagt", erinnert sich Habsburg. Mit Wasserkraft habe er vorher zwar null am Hut gehabt, mit anderen erneuerbaren Energien wie Windkraft und Sonnenstrom aber schon. "Ein Pumpspeicher, das passt zu meiner Unternehmensphilosophie, das ist eine nachhaltige Sache, großteils unsichtbar im Berg versteckt", sagt Habsburg.

Von Beginn an sei man bestrebt gewesen, die Bevölkerung mit ins Boot zu holen. Durch Informationsveranstaltungen, die erste Anfang 2017, Workshops und ein allzeit offenes Ohr für die Anwohner sei dies auch gelungen. "Wir wollten von Beginn an mit offenen Karten spielen und werden das auch weiterhin tun", sagt Habsburg.

Der Pumpspeicher St. Georgen, für den kürzlich das UVP-Verfahren begonnen hat, wird mit einer Nennleistung von 420 Megawatt (MW) unter den top sechs Pumpspeichern Österreichs rangieren (siehe Grafik unten). In ganz Europa sind Speicher mit einer Turbinenkapazität von etwa 47.000 MW in Betrieb, zwei Drittel davon mit Pumpleistung. Österreich allein schafft knapp 8.500 MW; davon entfallen etwa 4500 MW auf Pumpkraftwerke, die bei niedrigem Strompreis Wasser nach oben pumpen und bei hohem Strompreis Wasser über die Turbine schießen lassen und Strom produzieren.

Dabei waren die Zeiten für Pumpspeicherbetreiber schon besser als jetzt. Vor einigen Jahren noch lag die Preisdifferenz zwischen billigem Nacht- und teurem Spitzenlaststrom, dem sogenannten Spread, bei etwa 40 Euro je MWh (Megawattstunde), zum Teil sogar darüber. Damit konnten die Betreiber Kredite abzahlen, Betriebskosten decken und nebenbei noch einen schönen Profit einfahren. Das hat sich zwischenzeitlich gründlich geändert. Das Geschäftsmodell steht von verschiedenen Seiten unter Druck. Der hohe Zuwachs an Solar- und Windkraftanlagen hat dazu geführt, dass die Verbrauchsspitze zu Mittag überwiegend mit erneuerbaren Energien gedeckt wird, der Preis steigt nicht mehr. Pumpspeicherkraftwerke werden zwar im Winter und an verregneten Sommertagen weiter benötigt, die Zahl der Tage, an denen sie Geld verdienen, hat aber deutlich abgenommen.

Erwartete Renaissance bei Speichern

Auf mittlere Sicht, da ist sich die Branche ziemlich einig, wird es ohne zusätzliche Pumpspeicher aber schlicht nicht gehen. Und weil die bestehenden Pumpspeicher überwiegend im Westen Österreichs stehen, große und in Zukunft noch größere Mengen an fluktuierender Wind- und Sonnenenergie aber im Osten Österreichs anfallen werden, sei der Standort St. Georgen ideal, die zunehmenden Schwankungen im Stromnetz auszugleichen, sind Habsburg und Brunold überzeugt. Um bei zunehmender Menge an erneuerbaren Energien für Zeiten der Dunkelflaute gerüstet zu sein, müssen im selben Ausmaß Reserven vorgehalten werden, die dann genutzt werden können, wenn weder die Sonne scheint noch der Wind weht.

Insofern machen sich die Projektbetreiber auch keine Sorgen, die Finanzierung für das rund 430 Millionen Euro schwere Investment aufzustellen. "Wichtig ist, dass wir die Baubewilligung haben, die der UVP entspricht. Eine Reihe potenzieller Investoren hat uns signalisiert, dass sie dann einsteigen wollen", sagt Brunold. Läuft alles nach Plan, sollten bis Ende nächsten Jahres die Einreichunterlagen fertiggestellt sein, 2021 das eigentliche Behördenverfahren ablaufen und Anfang 2022 mit dem Bau begonnen werden. In Betrieb genommen werden könnte das Pumpspeicherkraftwerk St. Georgen dann 2025.

Das letzte größere Pumpspeicherkraftwerk ging 2016 hoch über dem Kärntner Mölltal ans Netz . Dabei handelt es sich um Reißeck II mit einer Nennleistung von 430 MW. Verbund und Kelag, die beiden Eigentümer, investierten 400 Millionen Euro. (Günther Strobl, 16.9.2019)