Das Melanom ist ein sehr aggressiver Hautkrebs. Wird frühzeitig behandelt, sind die Erfolgsraten relativ hoch.

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Graz – Eine Substanz aus den Wurzeln einer chinesischen Heilpflanze könnte die Krebstherapie einen Schritt weiterbringen. Grazer Forscher sind bei der Lotwurz-Art auf den Pflanzenstoff Dimethylacrylshikonin (DMAS) gestoßen, der sich als vielversprechender Kandidat für einen Wirkstoff gegen den schwarzen Hautkrebs herausstellte.

Der schwarze Hautkrebs – auch malignes Melanom genannt – zählt zu den gefährlichsten Krebsarten. Bei nur vier Prozent aller Hautkrebserkrankungen ist er für nahezu 80 Prozent der Todesfälle in diesem Bereich verantwortlich: Oft bilden sich unmerklich Metastasen, die sich im fortgeschrittenen Stadium aggressiv ausbreiten. Forscher bemühen sich, neue Wirkstoffe zu finden, die in der Therapie dringend benötigt werden.

Wissenschafter der Universität Graz und Med-Uni Graz forschen bereits seit mehr als 15 Jahren an Naturstoffen gegen Krebs. Ausgehend von einer ursprünglichen Liste mit mehreren hundert Pflanzenarten, die von alters her in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) gegen Krebs und -ähnliche Krankheiten verabreicht werden, haben die Grazer Forscher im Laufe der Jahre mehr als 70 identifiziert, die auch für die Krebstherapie geeignet sein könnten. Nun haben sie die Wirksamkeit eines aus der Traditionellen Chinesischen Medizin bekannten Inhaltsstoffs gegen das maligne Melanom nachweisen können. Die Substanz wurde bislang aber nur an Krebszellen und Mäusen erfolgreich getestet, berichtet der Wissenschaftsfonds FWF.

Krebszelle verdaut sich selbst

Der wissenschaftliche Name der Pflanze ist Onosma paniculata Bureau & Franch. Aus ihren Wurzeln haben die Forscher eine Substanz namens ß-ß-Dimethylacrylshikonin gewonnen. Diese wurde direkt an Zellen von malignen Melanomen erprobt, wie Projektmitarbeiterin Nadine Kretschmer aus der Gruppe von Rudolf Bauer vom Institut für Pharmazeutische Wissenschaften schilderte. Der Effekt war erfreulich: Die Substanz zerstörte die Krebszellen.

In einer weiteren Studie – die Forscher kooperierten mit der Med-Uni Graz und dem Helmholtz-Institut München – wurde die Substanz an Hautkrebs erkrankten Nacktmäusen getestet. Sie bekamen DMAS direkt in die Tumore gespritzt, um zu sehen, ob es Nebenwirkungen gibt. "Auch das war erfolgreich, wir sahen keine Nebenwirkungen und die Tumore veränderten sich und starben ab", erklärt Kretschmer. Die Forscher stellten ein vom Körper induziertes, kontrolliertes Absterben der Zellen fest. Dabei verdaut sich die Tumorzelle selbst und wird vom Immunsystem zersetzt. Auch ein unkontrolliertes Absterben wurde beobachtet.

Um die Wirksamkeit noch zu verbessern, wurde die Substanz allerdings in einem weiteren Schritt modifiziert. Dabei habe sich ein bestimmtes Shikonin-Derivat als besonders wirkungsvoll erwiesen. Dieses eigne sich nun theoretisch zur Entwicklung eines Medikaments – doch bis ein solches verfügbar ist, sei der Weg noch weit: "Dazu sind größere Studien nötig. Und auch die Art der Verabreichung ist noch offen", berichtet Kretschmer. Zwei Folgeprojekte sind bereits geplant.

Oft unter falschen Namen verkauft

Wie die Pflanze in der Traditionellen Chinesischen Medizin wirkt, sei weiterhin ungeklärt, betont die Grazer Biologin "Es ist nicht klar, wie diese bei der traditionellen Anwendung in der TCM seine Wirkung entfaltet. In der TCM wird üblicherweise nicht nur eine einzelne Pflanze verwendet, meist geht es um eine Mischung, die auf verschiedene Arten zubereitet werden kann", erklärt die Wissenschafterin. Meist werden die Pflanzen als Tee zubereitet und längere Zeit zwei Mal ausgekocht. "Kochen wir unsere Pflanze auf diese Art aus, sehen wir die Antitumorwirkung im Zellkulturexperiment nicht", betont Kretschmer.

Das Team fand außerdem eine Möglichkeit, die als TCM-Mittel verkauften Lotwurz-Arten auf ihre Identität zu testen. "Es gibt Wurzeln, die jener der von uns untersuchten Pflanze sehr ähnlich sehen und haben festgestellt, dass in China die Arten oft unter falschen Namen verkauft werden", warnt Kretschmer. Das sei problematisch, weil in manchen der angepriesenen Pflanzen Stoffe enthalten seien, die schädlich sein können. Kretschmer und das Forschungsteam fanden eine Methode, mit der die Pflanzen mithilfe von Dünnschichtchromatografie unterschieden werden können. Sie sei einfach genug, um etwa auch in Apotheken anwendbar zu sein. (APA, 16.9.2019)