Quengelt Richtung Zukunft: Die britische Popperin Charli XCX.

Foto: Warner Music

Charli XCX – Charli

Charli XCX mit der eingängig quengelnden Stimme wandelte immer in zwei Welten. Als Hitschleuder tourte sie mit Katy Perry oder Taylor Swift, als Popavantgardistin zapfte sie das mysteriöse Experimentallabel PC Music an. Auf Charli zeigt die Britin, dass sie sich weder entscheiden will noch muss. Sie findet viele Gleichgesinnte, denen ebenso an einem avantgardistischen Popentwurf für die Zukunft gelegen ist. Vom süßen Pop Enfant Terrible Troye Sivan bis zur koreanisch-amerikanischen House-Hoffnung Yaeji sind alle dabei. Das Ergebnis ist queer, unverkennbar und für das Genre innovativ (genug).

Charli XCX

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Trettmann – Trettmann

Totgeglaubte leben länger, so auch Stefan Richter. Der hatte Mitte der 2000er 15 Minuten Erfolg, und das ist wörtlich gemeint. 2016 dann das große Comeback. Mit dem Produzenten- und Grafik-Start-up Kitschkrieg veröffentlichte Trettmann, wie er sich nun nannte, drei EPs. 2017 folgte das großartige Album #DIY. Minimaler Dancehall wurde mit Cloud-Rap-Beats versetzt, inhaltlich ging es ans Eingemachte – mit Haltung. Nun setzt Tretti den richtigen Weg fort. Viel enttäuschte Liebe, dann aber auch ein Song wie Stolpersteine, der an die Deportationen während der Nazi-Zeit erinnert. Guter Mann.

SoulForce Records

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JPEGMAFIA – All my Heroes are Cornballs

Es gibt in den unendlichen Weiten des Hip Hop – eh wie bei allem – sehr viel Schwachsinn. Es gibt aber auch JPEGMAFIA. Barrington DeVaughn Hendricks, wie der Mann hinter dem Pseudonym heißt, macht eigentlich gar keine Musik mehr, sondern bereits Sound-Installationen. Seine Raps, die sich oft gegen Missstände richten sind gleichzeitig unerbittlich und deprimierend, dann aber wieder , so wie wenn man trotzdem lacht, lustig. Das dritte Studioalbum ist ein Pastiche-Wahnsinn geworden, der mit viel Rauschen und Dröhnen aktuelle Internet-Diskurse kommentiert. Faszinierend verstörend!

JPEGMAFIA

(Amira Ben Saoud, 16.9.19)