Fabian "GrabbZ" Lohmann ist seit 2017 Cheftrainer der aktuell wohl besten "League of Legends"-Mannschaft der Welt.

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G2 ist die beste League of Legends-Mannschaft Europas und wohl auch der ganzen Welt. Kein europäisches Team hat bei dem MOBA bislang eine derartige Dominanz gezeigt. In der League of Legends European Championship (LEC) spielte man in einer eigenen Liga, und auch bei internationalen Wettbewerben wie Mid-Season Invitational 2019 (MSI) fegte man die Konkurrenz von der Bühne. G2, das ist Martin "Wunder" Hansen auf der Top Lane, Marcin "Jankos" Jankowsi als Jungler, Rasmus "Caps" Winther in der Mid-Lane, Luka "Perkz" Perkovic als ADC und Mihael "Mikyx" Mehle in der Rolle des Supports. Trainiert wird das Team von dem Deutschen Fabian "GrabbZ" Lohmann. DER STANDARD hat bei dem Coach nachgefragt, wieso G2 nun so dominant ist.

Fabian "GrabbZ" Lohmann (Mitte) mit Jungler Marcin "Jankos" Jankowski (links) und Assistenztrainer Christopher "Duffman" Duff.
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Vergleichsweise kleiner Betreuerstab

Obwohl die von Carlos "ocelote" Rodriguez Santiago gegründete Organisation zu den Besten der Welt gehört, weist G2 einen vergleichsweise kleinen Betreuerstab auf. Neben Lohmann ist für die Spieler nämlich nur sein Assistenztrainer und Analyst Christopher "Duffman" Duff zuständig. Um alle anderen Bereiche wie Social Media und Sponsorentermine kümmert sich ein eigener Manager. Bei der Konkurrenz von Schalke 04 ist der Betreuerstab deutlich größer, wie DER STANDARD bereits erfuhr. Hier gibt es neben dem Coach auch Videoanalysten, Sport- und Gesundheitsexperten und eine Performance-Managerin für das mentale Wohl der Spieler.

G2 bietet Abos für Fitnesscenter und eigenen Koch

Bei G2 sind körperlicher Ausgleich und gute Ernährung ebenso ein Thema, wie Lohmann dem STANDARD erzählt. Zwang oder Vorgaben gibt es hier aber nicht – die Organisation bietet ihren Spielern jedoch eine Mitgliedschaft in Fitnessstudios an. Damit auch kein Fastfood auf den Tisch kommt, gibt es bei der in Berlin ansässigen Mannschaft einen eigenen Koch. Laut dem Coach sollen die Spieler mittlerweile aus eigenen Stücken ins Fitnesscenter gehen. Viel Freizeit bleibt den LoL-Profis aber ohnehin nicht.

G2 Esports

Wie das Training bei G2 aussieht

Diese verbringen die Spieler nämlich größtenteils mit dem Game, um fortwährend zu den Besten zu zählen. Zwischen 14 und 20 Uhr haben die Profis dann auch ein gemeinsames Training, das von Lohmann organisiert wird. Bei diesen sogenannten "Scrims" spielen die G2-Profis gegen andere Teams – die Performance wird dabei von Videoanalysen begleitet. Davor und danach gibt es auch noch ein Teammeeting, bei dem Strategien und die Auswahl der Helden besprochen werden. Nach den "Scrims" finden dann auch Diskussionen dazu statt. Lohmanns Arbeitstag endet hier aber noch nicht: Er widmet sich danach Spielen aus anderen Regionen, um "neue Strategien und Denkanstöße" zu finden.

Job nimmt auch großen Einfluss auf Privatleben

E-Sport-Coach ist generell kein Job, bei man aus dem Büro geht und nichts mehr mit der Arbeit zu tun hat. "Generell nutzt man als Coach in der Saison seine Freizeit ausschließlich dafür, sich Spiele anzuschauen, den nächsten Gegner zu scouten oder die 'Scrims' noch einmal aufzuarbeiten. Viel Zeit für sich selbst bleibt einem dabei nicht. In den vergangenen Jahren wird es aber immer mehr akzeptiert, dass sich Coaches und Spieler auch Zeit für ein Privatleben einräumen", erzählt Lohmann dem STANDARD.

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Ein E-Sport-Coach muss nicht zwingend ein Ex-Profi sein

Seit seiner Kindheit ist Gaming bei dem 24-jährigen Deutschen ein omnipräsentes Thema. Lohmanns Vater weckte bei ihm mit dem SNES das Interesse für Videospiele. Neben dem Fußballtraining und der schulischen Ausbildung widmete er sich in weiterer Folge Computerspielen, bis er im Juli 2010 zum ersten Mal League of Legends spielte. Den Durchbruch als E-Sportler hat er zwar nicht geschafft, trotzdem trainiert er heute eines der besten Teams: "Ich habe zwei linke Hände und bin trotzdem ganz passabel als Trainer."

Was ist das Erfolgsrezept von G2?

Das Erfolgsrezept von G2 führt der 24-Jährige auf mehrere Faktoren zurück: "Alle Spieler in unserem Team haben die nötige Mischung aus Talent und sozialen Kompetenzen. Bei uns herrscht ein riesiger gegenseitiger Respekt, und jeder Spieler fügt sich den Bedürfnissen des Teams. Zudem verstehen sich alle Spieler auch privat, was das ganze Zusammenleben noch einfacher macht." Bei einem professionellen E-Sport-Team zu sein heißt nämlich, dass man im Grunde die gesamte Woche miteinander verbringt. Die G2-Spieler wohnen in einem eigenen Gaming-House, Lohmann nicht. "Ich persönlich bevorzuge es, eine gewisse professionelle Distanz zu meinen Spielern zu wahren, und nicht mit ihnen zusammenzuleben hilft ungemein dabei", erzählt er.

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"Onkel-Neffen-Verhältnis" zwischen Coach und Spielern

Aus seiner Kindheit beim Fußball kennt Lohmann noch das autoritäre Verhältnis zwischen Trainer und Spielern. Er selbst pflegt mit seinen Profis ein "Onkel-Neffen-Verhältnis": "Wir versuchen immer sehr locker und offen miteinander umzugehen und dabei den Spielern einen gewissen Freiraum zu geben." Er fördert damit wohl auch den gegenseitigen Respekt der Profis, der auf der großen Bühne nötig ist. Selbst bei engen Partien wirken die G2-Spieler ungewohnt gelassen: "Wir sind nicht von der Performance eines einzelnen Starspielers abhängig. Zu wissen, dass dein Team gut genug ist zu gewinnen, selbst wenn man einen schlechten Tag erwischt hat, nimmt ungemein Druck von den Schultern und ermöglicht es allen, frei aufzuspielen."

G2 klarer Favorit bei Weltmeisterschaft

Gerade diese Gelassenheit hat es G2 nun ermöglicht, dass sie als Favoriten in die Weltmeisterschaft Anfang Oktober in Paris gehen. Mit Fnatic konnte bislang nur ein europäisches Team ganz oben stehen. Das ist aber bereits mehr als acht Jahre her. Die restlichen Weltmeisterschaften wurden von asiatischen Mannschaften dominiert. Die Worlds 2019 zu gewinnen ist für G2 das "erklärte Ziel" und laut Lohmann auch durchaus realistisch. Am schwierigsten zu knacken sein dürfte laut dem Trainer aber SKT aus Südkorea, die schnell lernen und sich wohl optimal auf G2 vorbereiten werden.

Just Johnny

Vater anfangs kein Fan, nun aber bei Spielen dabei

Nicht ganz einfach war es für den 24-jährigen Trainer zuletzt, auch die eigenen Eltern von seinem Job zu überzeugen: "Es hat sehr lange gedauert, bis meine Eltern diesen Schritt respektiert haben, vor allem da ich dafür mein Wirtschaftsstudium abbrechen musste." Der Erfolg gibt dem Deutschen aber recht. Ihm war es auch ein Anliegen, einer wachsenden Branche "meinen Stempel aufzudrücken", statt nach dem Wirtschaftsstudium den Rest seines Lebens "mit Zahlen zu jonglieren". Mittlerweile geht Lohmanns Vater selbst zu Spielen von G2, auch wenn er, "wie er selbst sagt, oftmals nur bunte Farben auf dem Bildschirm erkennt". (Daniel Koller, 22.9.2019)