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Mohammed bin Salman auf einem Poster in einem Einkaufszentrum in Jiddah.

Foto: AP/Nabil

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Der saudische Energieminister Prinz Abdulaziz bin Salman.

Foto: Saudi Press Agency via AP

Global mangelt es nicht an Ölreserven, und wenn die am Samstag beschädigten Anlagen in Saudi-Arabien repariert sind, wird sich die Lage, auch der Ölpreis, rasch normalisieren, meinen Experten. Das ist eine gute Nachricht – aber für die Saudis nur die halbe Geschichte.

Denn im Königreich geht es stets auch um die grundsätzliche Frage nach der Zukunft des Landes: Kann der im Juni 2017 handstreichartig – durch die völlige Demontage seines Vorgängers – zum Kronprinzen avancierte Königssohn Mohammed bin Salman die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen? Wie sehr wird es MbS, wie er genannt wird, nun schaden, dass Saudi-Arabiens Schutzlosigkeit gegen eine Drohnen- und Raketenguerilla so peinlich exponiert wurde? Immerhin ist er ja auch noch Verteidigungsminister – und für die im März 2015 begonnene militärische Intervention im Jemen gegen die Huthi-Rebellen verantwortlich.

Wie geht es Saudi-Arabien also wirklich? Abseits von der von PR-Profis – für die Saudi-Arabien Unmengen Geld ausgibt – verbreiteten Gutwetterstimmung wäre das an der Umsetzung der "Vision 2030" zu messen. Viel überprüfbare Daten gibt es dazu aber nicht.

Zu den Pfeilern der "Vision 2030" gehört es, Investoren anzuziehen und den Ölsektor zu diversifizieren. Und mit dem Börsengang von Teilen der Ölgesellschaft Aramco etwas Geld in die vom niedrigen Ölpreis gestressten saudischen Kassen zu spülen. Aber der wird immer wieder verschoben: Gerade vergangene Woche tauchten vermehrt Berichte auf, dass es bald so weit sein soll. Nun wird es wieder schwieriger.

Erklärvideo: Wer ist Saudi-Arabiens Kronprinz "MbS? (Oktober 2018)
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Geld nach Hause holen

Auch die Investoren kommen nicht mit fliegenden Fahnen: Mit sanftem Druck sollen nun Saudis, die im Ausland viel investiert haben, dazu bewegt werden, wenigstens einen Teil ihres Geldes wieder nach Hause zu transferieren. Jemandem der Korruption zu beschuldigen – wobei ja manchmal mehr als ein wahrer Kern dabei sein wird – und ihm einen Teil seines Geldes abzunehmen: Das wurde ja auch schon praktiziert.

Selbst unter einem so innovativen Kronprinzen ist ein großer Umbau immer ein Hinweis darauf, dass es nicht so rund läuft. So einen gab es soeben im Öl- und Ressourcensektor. Der Ölminister, der sich mit dem jetzigen Desaster herumschlagen muss, ist erst seit einer guten Woche im Amt: Abdulaziz bin Salman ist der erste Royal auf einem Posten, der stets Technokraten vorbehalten war. Wobei der Sohn des Königs – und um 25 Jahre ältere Halbbruder MbS' – durchaus ein Experte ist: Er ist seit seinem einschlägigen Studium im Ölgeschäft und war schon Vize-Ölminister.

Schwerer Schlag

Mit der Ernennung von Abdulaziz bin Salman musste Khaled al-Falih weichen, der jahrelang als der starke Mann der saudischen Ölpolitik gegolten hatte. Zuerst wurde ihm ein Teil seines Dossiers weggenommen: Vom Energieministerium wurde eines für Industrie und Mineralien abgespalten. Auch den Posten als Chef der Aramco verlor er, den hat jetzt Yasir al-Rumayyan inne, der zuvor den saudischen Vermögensfonds leitete.

Dass die Angriffe auf die Aramco-Anlagen nicht abzuwehren war, ist ein schwerer Schlag für ein Land, das sich nicht nur um Investoren, sondern auch um Touristen bemüht. Dazu steht mit dem 2. Oktober schlechte Presse an: Das ist der Todestag des saudi-arabischen Publizisten Jamal Khashoggi, der 2018 im saudi-arabischen Generalkonsulat in Istanbul umgebracht und wie ein Tier zerstückelt wurde.

Und die weiter inhaftierten Frauenrechtlerinnen machen Mohammed bin Salmans gute Bilanz als Sozialreformer kaputt: Gesetzesvorhaben befreien tatsächlich nach und nach die saudischen Frauen aus ihrer rechtlichen Unmündigkeit – was sie auf den Arbeitsmarkt bringen soll. MbS hat echte Fans. Andere im Königreich, auch in der Familie, haben aber Angst davor, wie er sich entwickeln könnte, wenn sein Vater nicht mehr lebt, der zuletzt wieder etwas mehr die Zügel in die Hand genommen hat. (Gudrun Harrer, 17.9.2019)