Werner Kogler, Beate Meinl-Reisinger und Sebastian Kurz bei einem früheren Zusammentreffen.

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Wien – Die FPÖ warnt im Wahlkampf vor einer türkis-grünen Koalition – den Umfragen zufolge würde sich nach der Wahl rein rechnerisch aber allenfalls ein türkis-grün-pinkes Bündnis ausgehen. Dieses auszutesten bot sich am Montagabend Gelegenheit: Vertreter aller drei Parteien waren bei Puls 4 zur "Wahlarena"-Diskussion geladen. Dabei zeigte sich: Vor allem zwischen Kurz und den beiden kleineren Parteien sind die Gräben tief.

Den Anfang machte der ÖVP-Vorsitzende gemeinsam mit Grünen-Chef Werner Kogler. Inhaltliche Schnittmengen taten sich dabei kaum auf. Günstig für Kurz, startete die Debatte mit seinem Paradethema Einwanderung: "Die größten Unterschiede gibt es wahrscheinlich in der Migration, in der Integration", stellte er in den Raum. Der als Kanzler abgewählte Konservative betonte seine "restriktive Migrationspolitik", Kogler kritisierte, dass Kurz in dieser Frage mittlerweile "eher redet wie der Kickl".

"Der Parteivorstand im Gefängnis"

Um die unterschiedlichen Ansichten zum Thema zu illustrieren, hielt Kurz Kogler ein schlepperfreundliches Zitat vor, das er der grünen Wiener Vizebürgermeisterin Birgit Hebein zuschrieb, obwohl es von Asyl-in-Not-Obmann Michael Genner stammt, wie Moderatorin Corinna Milborn nach einer Prüfung berichtigte. Hebein hatte sich mit Genner allerdings später solidarisch erklärt, als dieser sich anlässlich des Zitats wegen "Gutheißens der Schlepperei" 2014 vor Gericht verantworten sollte. Der Prozess wurde später abgesagt. "Nicht immer so schwindeln, das ist ein Problem", sagte Kogler in Richtung seines Kontrahenten.

Besonders hart wurde der Schlagabtausch schließlich beim Thema Parteienfinanzierung. Gäbe es in diesem Bereich Strafbestimmungen, "könnte sich euer Parteivorstand im Gefängnis treffen", warf Kogler dem ÖVP-Chef vor. Dieser konterte im Gegenzug mit den Ermittlungen rund um ein Projekt des ehemaligen Wiener Grünen-Gemeinderats Christoph Chorherr.

Eine Blitzumfrage des Senders wies Kurz daraufhin einen knappen Sieg gegen Kogler aus –was angesichts der wesentlich kleineren grünen Wählerbasis für den Spitzenkandidaten der Öko-Partei aber als gutes Resultat bewertet wurde.

Kommunismus und Koalitionen

Deutlich harmonischer ging es dann im zweiten Duell des Abends, jenem zwischen Kogler und Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger, zu. "Tatsächlich haben wir viele Gemeinsamkeiten – wenn es um Menschenrechte geht, wenn es um Europa geht", fand die Neos-Frontfrau. Darin stimmte ihr Kogler zu. Unterschiede sahen beide in der Wirtschafts- und der dazugehörigen Sozialpolitik, wie es Kogler nannte. Zudem mühte sich Meinl-Reisinger, die Grünen in die Nähe des Kommunismus zu rücken – was Kogler als unsauberen Vorwurf zurückwies.

Die Frage "Könnten Sie sich vorstellen, gemeinsam in einer Regierung zu sein?" bejahte Meinl-Reisinger. "Die Frage ist, mit wem", gab sich Kogler etwas zurückhaltender.

Kritik zog in der Pause OGM-Chef und Puls-4-Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer auf sich. Er erklärte ein Umfrageergebnis seines Instituts, das Meinl-Reisinger einen kleinen Vorsprung gegenüber Kogler attestierte, mit dem Prädikat "Frauenbonus".

Silberstein-Vorwurf – nun an die Neos

Besonders angriffig wurde es dann wieder beim letzten Duell zwischen der Neos-Chefin und ÖVP-Spitzenkandidat Kurz. Einen grundsätzlichen Unterschied ortete der Altkanzler in der "Prägung" der Parteien, so seien bei den Neos "etwas mehr linksliberale Gedanken dabei als in der Volkspartei". Den inhaltlichen "Hauptkonflikt" ortete er abermals beim Thema Migration und Integration. Auch in der "Frage des Stils" gebe es Unterschiede. So habe ihm am früheren Neos-Obmann Matthias Strolz gefallen, dass dieser seiner Ansicht nach konstruktiver gewesen sei, während er bei Meinl-Reisinger das Gefühl habe, "es geht sehr um das Schlechtmachen anderer".

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Meinl-Reisinger warf Kurz im Gegenzug "Showpolitik" vor. "Das ist meine große Kritik: Sie halten manchmal das Problem hoch, anstatt ehrliche Lösungen zu bringen", sagte sie. Für ausgedehnte Debatten sorgte einmal mehr der Name Silberstein, den Kurz diesmal nicht im Dunstkreis der SPÖ, sondern in jenem der Neos verortete. Anlass war Silbersteins Einsatz für die Partei im Wien-Wahlkampf 2015. Dieser sei "einer der teuersten Wahlkampfberater der Welt, ein Israeli, der in Amerika, Osteuropa, Österreich als Söldner Wahlkämpfe macht". Er, Kurz, habe aber just in dieser Frage keine Abrechnung der Neos gefunden. "G'schickt verhandelt", erklärte Meinl-Reisinger diesen Umstand. Der Vertrag sei erfolgsabhängig gewesen, die Neos aber nicht erfolgreich genug gewesen, um für die Dienste bezahlen zu müssen.

Starke Mitgliedsstaaten

Zum Thema EU erklärte Kurz, er sei gegen die von den Neos geforderten Vereinigten Staaten von Europa – er glaube, dass es starke Mitgliedsstaaten brauche. Meinl-Reisinger kritisierte daraufhin, dass Kurz den "ganzen europäischen Gedanken hinter sich gelassen" habe. "Wir sind beide proeuropäisch, mit einer anderen Schwerpunktsetzung", widersprach Kurz.

Eine Blitzumfrage am Ende sah erneut den ÖVP-Chef knapp in Führung – in den meisten Punkten allerdings im Rahmen der statistischen Schwankungsbreite. (mesc, APA, 17.9.2019)