Im Pleistozän war alles größer – zumindest soweit es Landsäugetiere betrifft. Hier im Bild das eiszeitliche Kurzschnauzenkänguru Simosthenurus occidentalis.
Foto: Simosthenurus occidentalis

Mit über 60 Arten bieten die Kängurus auch heute noch eine beachtliche Vielfalt. Größenmäßig reicht die Bandbreite vom mannshohen Roten Riesenkänguru bis zu Hasenkängurus, die nur etwa ein Kilogramm auf die Waage bringen. Neben den springenden Arten gibt es mit den Baumkängurus auch welche, die sich aufs Klettern spezialisiert haben. Es gibt sie mit Segelohren ebenso wie mit kleinen Öhrchen, mit langem, kurzem und nacktem Schwanz – und die Nagelkängurus haben sogar einen Dorn an dessen Ende.

Ein Merkmal ist allerdings mit der Kängurugruppe, die es hervorgebracht hat, verschwunden: Die Sthenurinae waren bis ins Pleistozän in Australien verbreitet und starben erst mit der Ankunft des Menschen aus. Ihr Charakteristikum: eine stark verkürzte Schnauze, die ihnen eine Art Mopsgesicht verlieh. Allerdings waren die Kurzschnauzenkängurus beeindruckende Erscheinungen. Die größten unter ihnen, allen voran Procoptodon goliah, dürften über 200 Kilogramm auf die Waage gebracht haben und aufgerichtet bis zu drei Meter groß geworden sein.

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Kurzschnauzig fürwahr ...
Illustration: REUTERS/Brian Regal/Brown University

Der Biologe Rex Mitchell von der University of New England im australischen Bundesstaat New South Wales hat sich die spezielle Kopfanatomie der Kurzschnauzenkängurus nun genauer angesehen. Stellvertretend wählte er dafür die Spezies Simosthenurus occidentalis aus, die bis vor etwa 42.000 Jahren in Australien lebte. Sie war nicht annähernd so groß wie Procoptodon goliah, hätte mit geschätzt 118 Kilogramm ein heutiges Rotes Riesenkänguru aber immer noch hinter sich gelassen.

Eine digitale Rekonstruktion des Schädels von Simosthenurus zeigte, dass an den Wangenknochen des Tiers wahre Muskelpakete angesetzt haben müssen. Das Tier hatte also einen viel kräftigeren Biss als heutige Kängurus – und seine spezielle Anatomie schützte es davor, sich beim Zubeißen den Kiefer auszurenken.

Eine Parallele fand Mitchell in einer ganz anderen Säugetiergruppe, nämlich den Bären. Simosthenurus sei funktional betrachtet das Känguru-Pendant eines Großen Pandas, so der Forscher. Pandas brauchen ihr kräftiges Gebiss, um Bambus zu knacken, der über 90 Prozent ihrer Nahrung ausmacht. Die Vermutung liegt nahe, dass auch das Kurzschnauzenkänguru auf harte pflanzliche Nahrung spezialisiert war. Damit repräsentierten die Tiere laut Mitchell einen Ernährungs- und Lebensstil, den es heute in Australien nicht mehr gibt. (jdo, 23. 9. 2019)

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Procoptodon goliah war der größte Verwandte von Simosthenurus und das größte Känguru aller Zeiten.
Illustration: REUTERS/University of Melbourne