Das Europaparlament sprach der Kandidatin für den Posten der EZB-Präsidentschaft das Vertrauen aus.

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Das EU-Parlament hat sich am Dienstag für die Nominierung von Christine Lagarde als Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgesprochen. In einer geheimen Abstimmung stimmten 394 Abgeordnete für die Nominierung, 206 sprachen sich dagegen aus, 49 enthielten sich. Das Votum ist nicht bindend, zeigt aber, wie groß das Vertrauen in die Französin ist.

Lagarde war in ihrem Leben schon oft die Nummer eins: erste Frau an der Spitze des Internationalen Währungsfonds (IWF), erste französische Wirtschaftsministerin, erste Chefin der renommierten Anwaltskanzlei Baker McKenzie. Zur Krönung ihrer Karriere wird die 63-Jährige nun voraussichtlich im November die erste Präsidentin der EZB.

Exzellenter, aber nicht tadelloser Ruf

Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten Lagarde im Juli als Nachfolgerin von Mario Draghi nominiert, seine achtjährige Amtszeit endet am 31. Oktober. Lagarde kündigte an, die lockere Zinspolitik fortführen zu wollen.

Ihr eilt ein exzellenter, aber nicht tadelloser Ruf voraus. Nach ihrem Aufstieg in der US-Anwaltskanzlei Baker McKenzie ging Lagarde 2005 in die Politik, zunächst als Außenhandels-Staatssekretärin in Frankreich. Der konservative Präsident Nicolas Sarkozy beförderte sie 2007 zur Wirtschafts- und Finanzministerin, als erste Frau auf dem mächtigen Posten. 2011 wurde sie Generaldirektorin des IWF in Washington.

Dort machte sie sich einen Ruf als Vorzeigechefin und gewiefte Taktikerin. In ihre Zeit in Washington fiel etwa das Drama um Griechenland: Die Griechen sollten endlich ihre Steuern zahlen, verlangte Lagarde 2012. Zugleich warb sie für einen Schuldenschnitt.

Flecken in Lagardes Lebenslauf

Eher unrühmlich ist allerdings die Rolle des IWF unter ihrer Führung in der argentinischen Schuldenkrise. Vergangenes Jahr gewährte der Fonds dem kriselnden Staat eine Rekordhilfe von 57 Milliarden Dollar – mit mäßigem Erfolg. Steigende Staatsschulden und Hyperinflation machen Argentinien weiter schwer zu schaffen. Im Juni gestand Lagarde ein, der IWF habe die Situation in dem südamerikanischen Land "unterschätzt".

Und ein weiterer Fleck verunziert ihren Lebenslauf: Im Dezember 2016 sprach sie ein Pariser Gericht schuldig, weil sie als Finanzministerin fahrlässig zur Veruntreuung französischer Staatsgelder in Höhe von 400 Millionen Euro beigetragen hatte. Das Gericht verzichtete in dem Fall um den Verkauf von Adidas durch den Geschäftsmann Bernard Tapie allerdings auf eine Strafe. (red, 17.9.2019)