Angestellte Fahrradboten bekommen Anfang 2020 einen eigenen Kollektivvertrag.

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Die Sozialpartner haben sich auf den weltweit ersten Kollektivvertrag für Fahrradzusteller geeinigt. Für angestellte Fahrradboten und Essenszusteller hatte es bisher keinen eigenen KV geben. Ab 1. Jänner 2020 gilt nun ein Basislohn von 1.506 Euro brutto im Monat plus Weihnachts- und Urlaubsgeld, teilten Gewerkschaft und Wirtschaftskammer am Dienstag mit.

Mit dem Boom der Online-Essensbestellportale wie Lieferservice und Mjam ist die Zahl der Fahrradzusteller in den vergangenen Jahren vor allem in Wien stark gestiegen. Aber auch Paketdienste wie DHL und UPS setzen immer stärker auf Fahrradboten. Viele Zusteller arbeiteten bisher als Selbstständige oder als freie Dienstnehmer. Die Gewerkschaft schätzt, dass es mehrere tausend Fahrradzusteller in Österreich gibt. Wie viele ab 2020 dann als Angestellte unterwegs sein werden, lässt sich aus Gewerkschaftssicht noch schwer abschätzen.

Vida: "Enormer Schlag gegen Scheinselbstständigkeit"

Die Gewerkschaft Vida und der Fachverband für das Güterbeförderungsgewerbe in der Wirtschaftskammer (WKO) hatten seit Februar einen eigen Fahrradzusteller-KV verhandelt. Bisher waren die Fahrradboten, die fix angestellt sind, als Arbeiter dem freien Gewerbe zugeordnet. "Mit diesem KV-Abschluss haben wir den Grundstein zur arbeits- und sozialrechtlichen Absicherung der Fahrradboten gesetzt", sagten Karl Delfs, Bundessekretär des Vida-Fachbereichs Straße, und Günther Reder, Obmann des WKO-Fachverbands Güterbeförderungsgewerbe. Reder sieht darin "ein kräftiges Zeichen einer funktionierenden Sozialpartnerschaft".

Der Kollektivvertrag sieht eine 40-Stunden-Woche mit Option auf eine Viertagewoche vor. Pro gefahrenem Kilometer gibt es eine Equipmentpauschale von 14 Cent für die Verwendung von Privatfahrrädern und Privathandys. Für den Vida-Vorsitzenden Roman Hebenstreit ist mit dem neuen KV ein "enormer Schlag gegen die Scheinselbstständigkeit gelungen". Es sei ein "sehr gutes Verhandlungsergebnis".

KV hilft Selbstständigen nicht

Den vielen Selbstständigen in der Branche bringt der Kollektivvertrag aber nichts. In Wien seien Zusteller eher selbstständig oder als freie Mitarbeiter beschäftigt, während in Graz und Linz Zusteller öfter angestellt seien, sagt Robert Walasinski zum STANDARD. Er war stellvertretender Betriebsratsvorstand bei Foodora, das inzwischen zu Mjam gehört, und hat den Kollektivvertrag mitverhandelt.

Obwohl die Tendenz eher zu Angestelltenverhältnissen gehe, sieht Walasinski die Arbeitgeber in der Pflicht, Scheinselbstständigkeit, wie sie in der Branche verbreitet sei, zu verhindern. Mit dem Kollektivvertrag werde aber wenigstens der alljährlichen Verschlechterung der Arbeitsverträge ein Riegel vorgeschoben. (APA, red, 17.9.2019)