Einem rätselhaften Bluespionier auf der Spur: "Devil at the Crossroads".

Screenshot: Netflix

Über ein Jahr war Robert Johnson von der Bildfläche verschwunden. Als er wieder in den Spelunken des Mississippi-Deltas auftauchte, war aus einem bestenfalls mittelmäßigen Gitarristen ein virtuoser Großmeister des Country Blues geworden. Die gängige Erklärung dafür gehört zu den großen Mythen der Popkultur und wird mit Johnsons berühmtestem Song Cross Road Blues verknüpft: An einer Wegkreuzung nahe der Dockerey-Plantage soll Johnson dem Teufel um Mitternacht seine Seele vermacht haben, um es auf seinem Instrument zu unvergleichlicher Meisterschaft zu bringen.

Trailer zu "ReMastered: Devil at the Crossroads".
Netflix

Natürlich nimmt der in Blues-Gefilde transponierte Faust-Mythos auch in Brian Oakes’ feiner Netflix-Dokumentation ReMastered: Devil at the Crossroads einen zentralen Raum ein. Musikerkollegen, Musikforscher und sogar ein Enkel von Johnson versuchen das Genie des enigmatischen Musikers zu erklären. Unter rätselhaften Umständen 1938 im Alter von nur 27 Jahren gestorben, wurden alle 29 von Johnson hinterlassenen Songs zu unter anderem von Eric Clapton und den Rolling Stones gecoverten Klassikern.

Zur Teufelslegende gesellt sich eine andere Erzählung: Auf der Suche nach seinem leiblichen Vater traf Johnson den Meistergitarristen Ike Zimmerman, der ihn ein Jahr lang unter seine Fittiche nahm. Unermüdlich übten die beiden am nahen Friedhof – auch um Mitternacht. Ein Grund dafür: "Egal, wie schlecht du spielst, hier beschwert sich keiner." Es tut dem Genie Johnsons keinerlei Abbruch, wenn man zum ernüchternden Schluss kommt: kein Meister ohne Übung. (Karl Gedlicka, 18.9.2019)