Die Hongkonger Demonstrationsbewegung entscheidet den PR-Kampf bisher für sich. Hilfe erhält die Stadtregierung vorerst nicht.

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Hongkong – "Der Moment ist gerade schlecht" – so beschrieb Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam schon vergangene Woche bei einer Pressekonferenz die Bemühungen des Stadtstaats, das eigene Image aufzubessern. Mehrere große PR-Firmen hatten ihr da bereits abgesagt, nun sind auch alle restlichen Versuche gescheitert. Wie der "Guardian" berichtet, findet sich kein Unternehmen, das in der aktuellen Krisensituation bereit ist, das von Großprotesten und deren versuchter Niederschlagung gezeichnete öffentliche Bild der Stadt wieder zu verbessern.

Konkret sei Lams Regierung bereits Ende August an acht Firmen herangetreten, von denen aber vier sofort abgewunken hätten. Sie fürchteten um ihre eigene Reputation, sollten sie einen Auftrag der Stadt annehmen – und damit womöglich in den Ruf geraten, der autoritären Regierung in Peking bei der Kontrollausübung in der formell liberal-rechtsstaatlichen ehemaligen britischen Kronkolonie zur Seite zu stehen. Die restlichen vier haben sich dann laut den Berichten nicht an der Ausschreibung der Stadt beteiligt, die dieser Tage erfolglos zu Ende ging. Eine weitere Ausschreibung ist laut Stadtregierung derzeit nicht geplant.

Weniger "reputation laundering"

Die Hongkonger Regierung ist nichtsdestotrotz wegen der anhaltenden Proteste sehr um ihren Ruf als stabile Finanzmetropole besorgt – um den sie etwa mit Orten wie Singapur in Konkurrenz steht. Der Börsenindex Hang Seng hatte wegen der anhaltenden Proteste zwischenzeitlich bis zu zehn Prozent verloren, hat sich in den vergangene Tagen aber wieder erholt. Die Langzeitaussichten für den Standort beurteilen viele Experten aber eher negativ. Unternehmen, die mit einer Abwanderung spekuliert hätten, würden diese Pläne nun wahrscheinlich in größerer Zahl als sonst in die Tat umsetzen.

Viele PR-Firmen scheuen zumindest seit einigen Jahren die öffentlich bekannte Zusammenarbeit mit Diktaturen und autokratischen Systemen. Zuletzt hatte es in den Jahren 2014 und 2015 eine Welle kritischer Berichte über mehrheitlich europäische Werbeagenturen gegeben, die sich über Jahre hinweg am "reputation laundering" (der "Rufwäsche") beteiligt hatten. Später gab es sie nur noch vereinzelt – auch weil viele Firmen ihre Aktivitäten nun besser verschleiern.

Sorge wegen Pekings Einfluss

Trotz des Demonstrationsverbots waren zuletzt am Wochenende zum 15. Mal in Folge wieder einige zehntausend Regierungskritiker auf die Straße gegangen. Es kam zu Zusammenstößen, die Polizei setzte Tränengas ein. Seit mehr als vier Monaten wird in Hongkong gegen die Regierung und den wachsenden Einfluss der kommunistischen Führung in Peking protestiert. Im Anschluss war es häufig zu Zusammenstößen mit der Polizei gekommen. Regierungschefin Lam kündigte an, künftig stärker den Dialog suchen zu wollen. Ihre Ankündigung, ein geplante Auslieferungsgesetz an China wieder zurückzuziehen, hatte Anfang des Monats die Proteste nur in Teilen besänftigen können. Viele Demonstrantinnen und Demonstranten fordern auch Lams Rücktritt.

Die frühere britische Kronkolonie wird seit der Rückgabe 1997 an China mit einem eigenen Grundgesetz nach dem Prinzip "Ein Land, zwei Systeme" autonom regiert. Die sieben Millionen Hongkonger stehen unter Chinas Souveränität, genießen aber – anders als die Menschen in der kommunistischen Volksrepublik – Rechte wie etwa Meinungs- und Versammlungsfreiheit. (mesc, APA, 17.9.2019)