Die echt feinen, auf Understatement bedachten Juweliere machen es seit Jahren so. Jetzt zeigen die Bäcker Georg und Lukas Öfferl, dass es bei tollem Brot mindestens so funktioniert: Wenn die Geschmeide (und Laibe) echt unwiderstehlich aussehen sollen, ist vergleichsweise zurückgenommenes Umfeld ideal.

Dementsprechend präsentiert sich Öfferls erster Innenstadt-Shop samt Restaurant und Mini-Backstube ganz monochrom in Grau. Und zwar auf eine Art konsequent, dass die Kollegen bei Klunkers noch etwas lernen können: bis hin zu den Kloschüsseln.

Ein bisserl ein Terrazzo aber gehört sich schon auch, das hat der Joseph schließlich vorgemacht. Bei Öfferl sind das die Tische des Restaurants und der massive Block von einer Arbeitsfläche, wo ein Bäcker Salzstangerln rollt und die Spezialität des Hauses, in Muffin-Form gebackene Croissant-Mutanten ("Cruffins"), mit unendlich buttersatten Cremes füllt.

Die Wände und der Boden sind betongrau verspachtelt, die stählernen Sessel mit grauen Seilen verspannt, auch die Servietten in Stoff-Anmutung sind grau. Umso knuspriger leuchten die Brote hinter der grauen Budel hervor. Genau so soll es sein.

Öfferl hat auf der Wollzeile auch eine Backstube in seinen edlen Shop samt angeschlossenem Restaurant integriert.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Atemberaubend freundlich

Über ein Jahr lang wurde gebaut, eine satte Million Euro soll die Brotboutique gekostet haben. Dafür gibt es im Untergeschoß auch einen "Brotaltar", der das Werden des Laibes entsprechend sakral versinnbildlicht: ein langer Terrazzo-Tisch auf einem Beet aus schwarzer Erde, obendrauf ein Sack Mehl, von dem einiges kunstvoll über die Tischfläche und einige Öfferl-Brote gestaubt wurde. Wirkt vielleicht ein ganz klein wenig prätentiös, bei Brot dieser Qualität muss das aber erlaubt sein.

Das Personal ist auch im Restaurantbereich von atemberaubender Freundlichkeit, kaum eine Minute vergeht, ohne dass man nach dem Wohlbefinden gefragt wird – und ob vielleicht noch etwas gewünscht sein könnte. Dabei ist das Angebot derweil noch auf sehr elaboriertes Frühstück (alles, wirklich alles bio, von lauter makellos einheimischen Bioproduzenten) und, für den späteren Hunger, auf belegte Brote beschränkt.

Dick schneiden!

Sich die als simple Jausenbrote vorzustellen wäre freilich total daneben. Auf gut zwei Zentimeter dicke Scheiben (Pferdegeburtstag!) vom backfrischen – wenngleich untypisch unknusprigen – "Madame Crousto"-Brot wird etwa Sauerrahm und eine Art Bohnen-Hummus geschmiert, darauf mächtige Bissen vom geschmorten BOA-Rind gestapelt, mit löffelweise Schmorsaft begossen und mit Knusperzwiebeln ausgarniert – eindeutig mehr Mahlzeit als Imbiss.

Süße Honig-Topfen-Creme am Dickbrot mit souverän pochiertem Ei und allerhand frischen Kräutern.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Und eine herausragend köstliche dazu: Das Fleisch von Fred Zehetners legendären Black-Angus-Rindern ist von nicht enden wollender Kraft und dichtem Wohlgeschmack, der gulaschmäßig eingekochte Saft mit Kreuzkümmel orientalisiert, die Bohnencreme gerät sanft, ohne beiläufig zu sein, verdammt gut.

Die Scheibe mit Schweinsbraten, Schinken (auch von BOA), Kraut, Gurkerl und Bergkäse sah am Nebentisch nicht minder mächtig aus.

Vegetarisch geht aber ebenso: Mit richtig süßer Honig-Topfen-Creme am Dickbrot zum Beispiel, souverän pochiertem Ei, allerhand frischen Kräutern von Shiso bis Minze und einem balsamisch fruchtigen Senfkaviar-Dressing oben drauf – prächtig als Frühstück, aber fast schon ein Dessert (siehe Bild).

Beim Brot mit Kürbis, Kürbiscreme, Feta und reichlich schwarzem Knoblauch ist hingegen alles klar: Das will man eindeutig erst nach dem Büro – und am besten zweisam verkosten. (Severin Corti, RONDO, 20.9.2019)

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