Das Bundesheer will sich "defensive und offensive" Cyberwaffen" beschaffen.

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Das Bundesheer will seine Cyberkräfte massiv aufrüsten. Dafür sollen bis 2030 720 Millionen Euro aus dem Budget kommen. Das geht aus dem am Dienstag veröffentlichten Bericht "Unser Heer 2030" hervor. Mit dem Geld sollen etwa "defensive und offensive" Cyberwaffen entwickelt und beschafft oder ein "Trainingszentrum für den Kampf im Cyberspace" errichtet werden. Zusätzlich soll Gerätschaft zur "Befähigung zur effektiven Störung der Waffen- und Kommunikationssysteme des Gegners" angeschafft werden.

ORF

Am Dienstag trat Verteidigungsminister Thomas Starlinger mit dem Bericht an die Öffentlichkeit, um mehr Mittel für das Heer zu fordern und auf die dramatische Situation im Herr hinzuweisen. Derzeit sei ein flächendeckender Schutz der österreichischen Bevölkerung nicht mehr gewährleistet, sagte Starlinger. Insgesamt 16 Milliarden Euro benötige das Heer bis 2030, kurzfristig rund 900 Millionen.

Schlachtfeld Internet

Mit seinen Plänen für den Cyberspace will das Bundesheer mit anderen Armeen gleichziehen. Fast alle Staaten rüsten derzeit den Bereich auf, da der Cyberspace, das Internet, immer mehr zu einem Schlachtfeld wird. So wurden in den vergangenen Monaten spektakuläre Angriffe öffentlich, etwa auf militärische Computersysteme im Iran oder die Unterwanderung russischer Stromnetze durch US-Geheimdienste.

Verteidigungsminister Thomas Starlinger während einer Pressekonferenz Zustandsbericht des Bundesheers.
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Wie wichtig elektronische Kriegführung ist, zeigte sich im September 2007. Damals soll die israelische Operation Orchard – dabei wurde eine Atomanlage in Syrien aus der Luft angegriffen – von einer digitalen Manipulation des Radarsystems begleitet gewesen sein, sodass auf dem Bildschirm nur ein leerer und friedlicher Luftraum zu sehen war. Die Syrer wurden von dem Luftangriff völlig überrascht.

Zehn Millionen, um Österreich auszuknipsen

Laut Bundesheer-Experten kostet es rund zehn Millionen Euro, Österreich mit Cyberattacken und Sabotageaktionen gegen Glasfaserleitungen weitgehend auszuknipsen – mit einem gleichzeitigen Angriff auf die gesamte kritische Infrastruktur des Landes von Strom- und Wasserversorgung über Krankenhäuser, Behörden und die Flugsicherung bis hin zum Militär. Im Verteidigungsministerium geht man davon aus, dass großflächige Angriffe nur mehr eine Frage der Zeit sind. Diese Attacken könnten etwa zu einem Blackout, einem mehrtägigen Stromausfall, führen. Für derartige Szenarien will man gerüstet sein. Die Summe zeigt auch, dass der Krieg im Netz vergleichsweise günstig ist.

Gefährliches Terrain

Bei Auseinandersetzungen im Cyberspace begibt sich das Bundesheer auf dünnes Eis, da die Kriegführung im Cyberraum höchst komplex ist und die Gegner meist im Ausland sitzen. Das bringt erhebliche Gefahren sowie ein großes Eskalationspotenzial mit sich. So ist es mehr oder weniger unmöglich herauszufinden, wer wirklich hinter einer Attacke steckt. Angreifer können ihren Standort verschleiern, indem sie etwa fremde Rechner kapern und für ihre Zwecke nutzen. Dramatisch kann es werden, wenn sie zur Tarnung etwa einen zentralen Server eines Krankenhauses nutzen und dieser im Zuge eines Cybergefechts lahmgelegt wird. Auch ist völkerrechtlich nicht klar, ob das Heer im Ausland hacken darf.

Zusätzlich bauen Cyberwaffen auf Sicherheitslücken in Programmen oder Betriebssystemen. Damit diese auch wirkungsvoll eingesetzt werden können, müssen sie geheim gehalten werden. Als derartige Tools der NSA geleakt wurden, dauerte es nur wenige Monate, bis daraus Schadprogramme wurden, die weltweit Computer infizierten. (Markus Sulzbacher, 18.9.2019)