Die Federal Reserve Bank mit Sitz in Washington soll aus Sicht des US-Präsidenten mit tiefen Zinsen die Wirtschaft in Schwung halten.

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Offenbar hat sich US-Präsident Donald Trump Mitte vergangener Woche der Weisheit letzter Schluss in Sachen Zinspolitik erschlossen. Seitdem fordert er vehement von der Notenbank Fed und ihrem Chef Jerome Powell eine Absenkung des US-Leitzinses auf "null oder weniger" Prozent. Davon sind die Vereinigten Staaten mit einem Leitzinssatz von zwei bis 2,25 Prozent freilich noch ein gutes Stück entfernt, allerdings dürfte Powell den präsidialen Wünschen am Mittwoch einen Schritt entgegenkommen.

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Es gilt als ausgemachte Sache, dass Powell zum zweiten Mal im laufenden Jahr die Zinsen senken wird – schließlich hatte er vor knapp zwei Wochen die Finanzmärkte bei einem Auftritt in Zürich darauf vorbereitet. "Es ist unsere Pflicht, unsere Werkzeuge zur Stützung der Wirtschaft zu nutzen", sagte er, allerdings nicht ohne zu betonen, dass sich die Fed bei ihren Entscheidungen nicht an den Zurufen von Politikern orientiere, sondern sie allen Amerikanern verpflichtet sei.

Erste Wolken

Powell ist durch Trumps wiederholte Attacken auf die Fed und seine Person in eine Zwickmühle geraten, der das traditionelle Verhältnis der offiziell unabhängigen Notenbank zur US-Regierung auf die Nagelprobe stellt. Jüngstes Beispiel: Nach dem Preissprung von Rohöl nach dem Drohnenangriff auf Saudi-Arabien pochte der Präsident auf eine große Zinssenkung, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Bei dieser Gelegenheit bezeichnete er die Fed und Powell in gewohnt despektierlicher Weise als "ahnungslos".

Zwar wächst die US-Wirtschaft derzeit noch mit einer soliden Rate von 2,3 Prozent auf Jahressicht, die geringe Arbeitslosenquote von 3,7 Prozent im August hält den privaten Konsum am Laufen, welcher wiederum die wichtigste Stütze für das Wachstum darstellt. Dennoch ziehen erste Wolken am Konjunkturhimmel auf: Just die von Trump selbst losgetretenen Handelskonflikte, allen voran jener mit China, hinterlassen erste Bremsspuren in der wirtschaftlichen Entwicklung.

Spielraum im Handelsstreit

Wie soll sich Powell auf Dauer verhalten? Gibt er Trumps Rufen nach Zinsschritten stets nach, verschafft der Notenbankchef dem Präsidenten erst den notwendigen Spielraum, um im Zollstreit nachzulegen, sollten die für Anfang Oktober anberaumten Handelsgespräche mit Peking nicht die erwünschten Ergebnisse bringen. Trump versucht also, die unabhängige Fed zum Spielball seiner Wirtschaftspolitik zu machen.

Ein Handshake aus besseren Tagen: Trump spricht im November 2017 mit Fed-Chef Jerome Powell im Rosengarten des Weißen Hauses.
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Zumal der Schuh auch im US-Staatshaushalt drückt. Wegen der von Trump auf Pump finanzierten Steuerreform steuern die USA heuer erstmals seit zehn Jahren auf ein Budgetdefizit von mehr als einer Billion Dollar zu – und das bei einer Staatsverschuldung von 106 Prozent der Wirtschaftsleistung. Mit ein Grund, warum Trump auf rasche Zinssenkungen beharrt, schließlich verringern sie den Zinsdienst für die angehäuften Staatsschulden.

Weitere Lockerungen

Die meisten Experten gehen davon aus, dass Powell den Leitzins um einen Viertelprozentpunkt verringern, also wie bereits Ende Juli eine vorsorgliche Zinssenkung durchführen wird, um die Wirtschaft abzusichern. Damals betonte Powell, dass es sich dabei nicht um den Beginn eines langfristigen Zinssenkungszyklus handle. Offen bleibt, ob er auch diesmal darauf beharrt.

Generell stehen derzeit die Zeichen auf Lockerung der Geldpolitik, nachdem die EZB dies in der Vorwoche bereits umgesetzt hat. Am Donnerstag wird die Schweizer Notenbank wohl mit einer Zinssenkung nachziehen, in Großbritannien dürfte angesichts des Brexits zumindest eine Erhöhung vom Tisch sein. Am selben Tag ist auch die japanische Notenbank am Zug, diese hat ihr Pulver nach jahrzehntelang ultralockerer Geldpolitik jedoch bereits weitgehend verschossen. (Alexander Hahn, 18.9.2019)