Macht Zinn

Man möchte glauben, sie gehören einer längst ausgestorbenen Gattung an, die Zinnfiguren. Ein heiteres Lebenszeichen geben sie nun bei der Vienna Design Week, und zwar in der von Brigitte Kovar geführten "Zinnfigurenoffizin" im 9. Wiener Bezirk. Dort werden allerlei Figürchen auf traditionelle Weise in gravierten Steinformen gegossen. Das Kuratorenteam der Design Week hat diesen Minikosmos auf einem seiner Stadtstreifzüge entdeckt und einen Startplatz in ihrem jährlich wiederkehrenden Format der "Passionswege" zugeteilt. Die Fotografin Susanna Hofer und ihr Kollege Erli Grünzweil ließen sich von Feuerwehrleuten, Zirkusfiguren und natürlich Soldaten inspirieren und schufen mit ihren Interventionen einen dokumentarisch-erzählerischen Zugang in einer kleinen Miniaturwelt.

27. 9. – 4. 10.
Mo, Di, Do, Fr, 16-18 Uhr, Sa 15.30-18.30 Uhr
Cocktail: Sa, 28. 9., 15.30-18. 30 Uhr
Zinnfigurenoffizin Kovar, Liechtensteinstraße 66, 1090 Wien

www.zinnfigurenoffizin-kovar.info

Zeigt Meer

Wer beim Anblick der Objekte von Teresa Berger an etwas Korallenartiges denkt, befindet sich auf der richtigen Spur. Überraschend ist bei diesem Projekt die Machart der Gegenstände, die Berger im Galvanisierungsbetrieb von Helga Tauer zeigt, wo mittels elektrischer Spannung die unterschiedlichsten Dinge mit einer Metallschicht überzogen werden. Der Reigen reicht von Blumen über Fußbälle bis hin zu Lampen und Fahrradteilen. Galvaniseurin Tauer und Designerin Berger widmen sich im Rahmen ihres Beitrags dem Problem der Meeresverschmutzung und schaffen aus metallisierter Einwegplastik poetische Installationen, inspiriert von Bewohnern der Ozeane. Neben dieser kritischen Spielerei in Sachen Konsumkultur zeigen die Werke auch, dass sich organisches Material ganz einwandfrei mit harten, metallenen Oberflächen verträgt.

27. 9. – 3. 10.
Mo-Do 9-16 Uhr, Sa 15.30-18.30 Uhr
Cocktail: Sa 28. 9. 15.30, 18.20 Uhr
Galvanik Austria, Spittelauer Lände 29, 1090 Wien

www.galvanik-austria.at; www.teresa-berger.com

Fängt Licht

Finnland ist das Gastland bei der diesjährigen Design Week. Klar also, dass auch Finnen bei den Passionswegen antreten. Ville Kokkonen zeigt beim Passionsweg-Urgestein Lobmeyr, wie er gemeinsam mit dem Traditionshaus Licht fängt. Lobmeyr, eine Art Weltmeister in Sachen Kristalllusterproduktion, und Kokkonen, profilierter Designer, der unter anderem für das namhafte Unternehmen Artek eine Tageslichtlampe entworfen hat, die in vielen finnischen Haushalten zu finden sind, haben sich also zusammengetan, um dem Kosmos Glas und Licht auf die Spur zu kommen. Und das klingt insofern spannend, als hier zwei gestalterische Welten aufeinanderprallen. Hier das nüchterne, reduzierte Nordlicht des Finnen, dort der handwerkliche Überschwang eines Hauses, das seit bald 100 Jahren mit Licht und Glas spielt.

27. 9. – 5. 10.
Mo-Fr 10-19 Uhr, Sa 10-18 Uhr
Cocktail: Fr, 27. 9., 18.30-21 Uhr
J. & L. Lobmeyr, Kärntner Straße 26, 1010 Wien

www.lobmeyr.at; villekokkonen.com

Trifft Tradition

Das Handwerk des Drechselns, das auch als "Handwerk der Könige" bezeichnet wird, hat es dieser Tage nicht leicht. Hermann Viehauser, der die faszinierende Fertigkeit, Holz Rundungen aller Art zu verleihen, von seinem Vater gelernt hat, ist in Österreich einer der Letzten seiner Zunft. Umso spannender wird es, zu sehen, was einem Designstudio wie dem Wiener Büro Sain einfällt, wenn es dem Drechsler bei der Arbeit über die Schulter schaut. Sain, bestehend aus Martijn Rigters und Namuun Zimmermann, geht es bei ihren Projekten um die Gestaltung von Objekten, die aus der Seele eines Materials heraus entwickelt werden, aber auch um soziale Prozesse. Die drei werden also zeigen, was herauskommt, wenn sich altes Handwerk, Ornament, Funktion, Präzision mit der Philosphie von Sain zusammentun.

27. 9. – 5. 10.
Mi 11-14 Uhr, Do, Fr 10-14 Uhr, Sa 10-17 Uhr
Cocktail Sa 28. 9., 15.30-18.30 Uhr
Hermann Viehauser, Tendlergasse 7, 1090 Wien

www.kunstdreh.at; www.studiosain.com

Wird spannend

Ganz dem Spirit der Passionswege der Vienna Design Week verschrieben ist auch das Zusammenkommen eines Wiener Glasmeisters – nämlich Reinhard Bauer – mit dem zweiten Finnen bei den "Passionswegen": Teemu Salonen. Die Arbeiten des Designers zeigen ein künstlerisch angehauchtes, sehr experimentelles Potpourri. Es besteht aus Objekten mit Plastikpalmen und pastellfarbenen Salatblättern, ebenso wie aus zusammengepickten Vasen, die an einen Schwan erinnern. Vom Experimentellen ist aber auch Glasermeister Bauer angetan, der sich neben klassischen Dienstleistungen auch damit beschäftigt, bunte Fenster aus kleinen Glasstegen und Bleistegen zu fertigen – eine Technik, die es bereits im Mittelalter gab. Was dabei rauskommt, wenn derlei Arbeitsweisen aufeinandertreffen, dürfte nicht nur das Team der Vienna Design Week interessieren.

27. 9. – 5. 10.
Mo-Fr 8-12 Uhr, 13-18 Uhr, Sa 9-15 Uhr
Cocktail: Sa 28. 9., 15.30-18.30 Uhr
Glas Bauer, Pramergasse 20, 1090 Wien

www.glasbauer.at; www.teemusalonen.fi

Tauscht aus

Schaut man sich die Website des Designstudios Studiotut an, ist in fetten Lettern zu lesen: "Beim Reden kommen die Leute zusammen. Aber wer etwas tut, bringt mehr weiter. Deswegen machen wir einfach beides." Dieses Motto könnte für das gesamte Format der Passionswege gelten. Auch deshalb spannte man Maria Nemeth und Silvia Stocker (Studiotut) mit Maria-Theresia Bretschneider von der Tischlerei "Die Werkstatt" zusammen. Sie werden etwas ausbaldowern, das die Besucher dieser Station studieren und reflektieren lässt. Die Werkstatt gilt als lebendiger Treffpunkt, als Ort des Austauschs, an dem die drei Frauen zeigen möchten, wie man Produkte, Themen und Räume in ein verknüpftes System einordnen kann, das die spannende Quintessenz von Handwerk sichtbar macht.

27. 9. – 5. 10.
Mo-Fr 10-18 Uhr, Sa 15.30-18.30 Uhr
Cocktail: Sa 28. 9. 15.30-18.30 Uhr
Tischlerei Bretschneider – Die Werkstatt, Sensengasse 4, 1090 Wien

www.diewerkstatt.at; www.studiotut.com

(Michael Hausenblas, RONDO, 26.9.2019)