Die Hauptdarsteller des U-Ausschusses (von links): Stephanie Krisper (Neos), Kai Jan Krainer (SPÖ), Ausschussvorsitzende Doris Bures (SPÖ), Verfahrensrichter Eduard Strauss, Hans-Jörg Jenewein (FPÖ), Gaby Schwarz (ÖVP) und Peter Pilz (Jetzt).

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Rein in die Hofburg, durch die Sicherheitsschleusen und rechts die Treppen hoch: Diesen Weg gingen Journalisten und Politiker in den vergangenen zwölf Monaten dutzende Male. Oben erwartete sie dann der BVT-Untersuchungsausschuss, der vergangenen Juni seine Befragungen eingestellt hat. Am Mittwoch versammelte man sich erstmals seit der Sommerpause, um Resümee zu ziehen. Der erste Arbeitstag in dieser Saison ist quasi auch schon der letzte, denn durch die bevorstehenden Neuwahlen wird die Tätigkeit des U-Ausschusses beendet. Das erfolgt, indem ein Ausschussbericht gelegt wird, der dann von einzelnen Fraktionsberichten ergänzt wird. Oder, wie Verfahrensrichter Eduard Strauss sagt: "Die Wahrheit hat viele Gesichter."

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Einig sind sich die Parteien darin, dass der U-Ausschuss doch großteils konstruktiv über die Bühne gegangen ist. Dafür hagelte es Danksagungen: Von der Ausschussvorsitzenden Doris Bures (SPÖ) an die einzelnen Fraktionen und vice versa, außerdem an die Parlamentsdirektion, die Medien und so weiter und so fort. Die Harmonie währte jedoch nur kurz, der Wahlkampf war spürbar. Spätestens als SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer eine "Schalte ins Paralleluniversum" ankündigte und damit meinte, dass nun sein FPÖ-Pendant Hans-Jörg Jenewein an der Reihe war, zeigten sich die "vielen Gesichter der Wahrheit".

ÖVP: "Dilettantische Hausdurchsuchung"

Wahr ist für SPÖ, Neos, Liste Jetzt und plötzlich post Ibiza auch die ÖVP, dass die freiheitliche Führung im Innenministerium, also Herbert Kickl und sein Generalsekretär Peter Goldgruber, versuchte, die Justiz zu beeinflussen, was in einer "dilettantischen Hausdurchsuchung" mündete, wie es ÖVP-Fraktionsführerin Gaby Schwarz formulierte. Für Peter Pilz war die Razzia im Februar 2018 gar ein "Angriff der FPÖ auf das BVT", das "schwerst beschädigt" wurde. "Kein Identitärer und kein Salafist kann so viel Schaden für die öffentliche Sicherheit anrichten wie Kickl", behauptete Pilz.

Einstimmig warnten die nichtfreiheitlichen Fraktionen auch davor, dass Kickl fast eine "FPÖ-Stasi" im Verfassungsschutz eingerichtet hätte, ohne das Wissen von BVT-Chef Gridling. Nur durch den U-Ausschuss sei man der klandestinen Aktion auf die Schliche gekommen, sagte Krainer. Die ÖVP sprach von einem "Geheimprojekt".

Kurz hielt sich laut Neos "absichtlich unwissend"

Weniger breit aufgestellt war die Koalition, als es um die Verantwortlichkeit von Altkanzler Sebastian Kurz ging. Da trafen sich dann die ehemaligen Oppositionsparteien SPÖ, Neos und Jetzt, etwa in Form von Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper, die Kurz attestierte, sich "absichtlich unwissend gehalten zu haben", obwohl "die Partnerdienste nicht mehr effizient mit dem BVT kooperierten". Vermutlich ungewollt sprang hier die FPÖ ihrem ehemaligen Koalitionspartner bei, indem ihr Abgeordneter Werner Herbert Krispers Statement mit dem Herunterlassen eines Kaffees übertönte. Bei den Pilz'schen Ausführungen zog er dann die Aufmerksamkeit mit einer überlaufenden Colaflasche auf sich.

Das passierte, obwohl Pilz und die FPÖ in einigen Punkten wieder zusammenfanden: nämlich in der Frage der schwarztürkisen "Netzwerke" und "Seilschaften". Hier zeigte sich eine weitere Koalition, die rot-blau-weiß-pinke. Für diese war der U-Ausschuss zu schnell vorbei; gerade die ÖVP-Vernetzungen müssten noch viel genauer untersucht werden, hieß es. FPÖ-Fraktionsführer Jenewein schlug deshalb gleich vor, einen Notariatsakt zu erstellen, mit dem sich alle Parteien zur Fortführung des U-Ausschusses verpflichten. Das passierte nicht – einerseits weil kein Notar anwesend war, wie Krainer bemerkte – den man aber "schnell holen könnte", so Jenewein –, andererseits weil ein zweiter Teil des Untersuchungsgremiums ohnehin so gut wie fix scheint.

Nächster U-Ausschuss fast fix

Der nächste U-Ausschuss dürfte sich dann auch mit dem Ibiza-Video befassen, nämlich mit dessen Entstehung sowie dessen Inhalten. Weitere Ideen: der Hackerangriff der ÖVP als Untersuchungsgegenstand (Pilz) oder die Ermittlungen und die Zusammensetzung der Soko Ibiza (Krisper) sowie ÖVP-Netzwerke in der Justiz (Jenewein). Das Vorspiel dazu will Pilz in der am Donnerstag stattfindenden Sondersitzung des Nationalrats liefern.

Versöhnliche Worte gab es zum Abschluss von Verfahrensrichter Strauss. Der Ausschuss sei eine "Ehre und Freude" gewesen; es gab eine "angenehme und gute Zusammenarbeit", die "notwendig und sinnvoll war". Dann trat er in die Fußstapfen des US-Sonderermittlers Robert Mueller – nämlich insofern, als er keine Fragen zu seinem Bericht beantworten wollte. "Lesen Sie ihn selbst", so Strauss – das soll in wenigen Tagen auf der Parlamentshomepage möglich sein. (Fabian Schmid, 18.9.2019)