Mitten in Manhattan, New York City, steht das Midtown Loft & Terrace, ein Event-Space, wie es heißt, mit Ausblick auf die Skyline der Stadt und mit einer Dachterrasse, von der aus man das mächtige Empire State Building bewundern kann. Hier haben einander vergangene Woche aus Österreich stammende Wissenschafter und Studenten getroffen, die mit einem Stipendium in Nordamerika tätig sind oder schon vor langer Zeit ihren Lebensmittelpunkt hierherverlegt haben. Unter ihnen waren Informatiker, Krebsforscher, Filmemacher, Chemiker, Mediziner und Historiker. Die Sozialwissenschafterin Julia Puaschunder, die sich an der New School unter anderem mit sozialer Gerechtigkeit im Finanzleben beschäftigt, nahm an diesem Treffen genauso teil wie die Filmemacherin Stephanie Falkeis, die an der Columbia University Regie studiert.

Blick auf Hudson Yards Vessel und – dahinter stehend – das Empire State Building
Foto: APA/AFP/Eisele

Die Geisteswissenschafterin Sonja Schmid vom Virginia Polytechnic Institute and State University (VirginiaTech), die bei einer ähnlichen Gelegenheit vor genau fünf Jahren für ihr Buch The Pre-Chernobyl History of the Soviet Nuclear Industry (MIT Press) ausgezeichnet wurde, war genauso vertreten wie Peter Nagele, Chef der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin der Universität Chicago. Sinn des alljährlich stattfindenden Treffens, das den Namen "Austrian Research and Innovation Talk (Arit)" trägt: Gedankenaustausch, Diskussion über Karrierechancen und Vernetzung mit Vertretern von Forschungspolitik und Medien aus Österreich. Organisator war wie jedes Jahr das Office of Science and Technology Austria (OSTA) in Washington, D.C.

Mehr als Mozart, Strauß und Freud

Aus der Alpenrepublik kommt also doch weit mehr Kunst und Wissenschaft, als der Hotelportier glauben möchte, der dem Gast zur Begrüßung das bewundernde Namedropping "Mozart, Strauß, Freud" vorgeträllert hat. Das zeigte auch die Verleihung der Ascina Awards, die zufälligerweise an drei Absolventen der TU Wien gingen. Der Dornbirner Manuel Egele forscht im Bereich Internetsicherheit und erhielt für seine eingereichte Arbeit den mit 10.000 Euro dotierten Preis. Er hat nachgewiesen, dass viele Studien zum Thema Schadsoftware von falschen Annahmen ausgehen. Seit 2014 ist Egele als Assistant Professor an der University of Boston tätig.

Den mit je 7500 Euro dotierten Ascina Award "Young Scientists" erhielten Johannes Reiter aus St. Pölten, der nachweisen konnte, dass sich Mutationen in Krebsmetastasen nur wenig von jenen im Primärtumor unterscheiden, und der Burgenländer Hannes Mikula, der einen neuen Weg zeigen konnte, wie man chemische Bindungen sicher in einem lebenden Organismus spalten kann – was die Krebsdiagnose- und -therapie verändern könnte. Alle drei waren oder sind an der Ostküste tätig, Mikula baut nun seit kurzem eine Forschungsgruppe an der TU Wien auf.

Die Ascina-Preisträger Hannes Mikula, Manuel Egele und Johannes Reiter (v. li.)
Foto: OSTA/Keith

Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Die Beschäftigung mit Gegenwart und Zukunft österreichischer Forscherkarrieren in den USA braucht auch einen Blick in die Vergangenheit: Wenige Überlebende geben noch Zeugnis davon, dass zwischen 1938 und 1945 zahlreiche Menschen von den Nazis aus dem ehemaligen Österreich vertrieben wurden und in den USA Karriere machten. Eric Kandel, Medizinnobelpreisträger 2000 und fast 90 Jahre alt, nahm an einem Treffen mit einer österreichischen Delegation teil und wiederholte seine tags zuvor gegenüber der Austria Presse Agentur (APA) formulierte Forderung nach einem von der österreichischen Bundesregierung initiierten jüdischen Museum. Man müsse an die Leistungen der jüdischen Gemeinde für Kultur und Wissenschaften erinnern. Das bestehende Jüdische Museum sei von der Kultusgemeinde selbst.

Der Mann mit der markanten Fliege: Nobelpreisträger Eric Kandel besuchte die österreichische Delegation.
Foto: APA/Müller

Knapp zwei Wochen vor der nächsten Nationalratswahl blieb sein Aufruf bisher ungehört. Es ist keine Zeit für Entscheidungen und Weichenstellungen: auch in der vergleichsweise kleinen Frage, wie sich die Zukunft der Offices of Science and Technology Austria (Osta) gestalten könnte. Neben jenem in Washington, D.C., gibt es auch eines in Peking. Der Ausstieg des Verkehrsministeriums aus einer entsprechenden Vereinbarung der Osta-Träger – das Wissenschafts-, das Digitalisierungs- und das Außenministerium bleiben – hatte Gerüchte über ein mögliches Ende dieser beiden Büros entstehen lassen. Das Außenministerium stellte die jeweiligen Leiter, die anderen drei Ressorts teilten sich bisher die laufenden Kosten (aktuell sind das etwa 690.000 Euro pro Jahr).

Rückzug des Verkehrsministeriums

Das Verkehrsministerium hatte sich mit seinen Themen in der Arbeit des OST Austria in Washington nicht wiedergefunden und setzt nun auf Technologiebüros. Ein solches betreibt man in Jakarta (Indonesien), seit kurzem gibt es auch eines in Israel. Auch nach Peking will das Ressort einen Technologieattaché entsenden. Das Osta in Washington will man weiter über eine Kooperationsvereinbarung nutzen.

Aus dem Wissenschaftsministerium verlautet, dass man an den Büros als Schaltstelle für Kommunikation und als Repräsentanz nicht "großartig" viel ändern müsse, man sollte die Arbeit in Österreich nur bekannter machen. Andere Staaten mit Außenvertretungen würden neidvoll auf die Osta-Arbeit blicken. Vielleicht kann man ja auch noch das eine oder andere einseitige Österreich-Bild korrigieren. (Peter Illetschko aus New York City, 19.9.2019)