Wenn im Wahlkampf von Arbeit die Rede ist, dann meist im Zusammenhang mit Steuersenkungen. Arbeit entlasten wollen fast alle. Selten wird breit darüber diskutiert, welche Strategie im Umgang mit jenen 330.000 Menschen notwendig ist, die als arbeitslos gemeldet sind oder sich in einer AMS-Schulung befinden. Die Herausforderung: Es gibt mehr als doppelt so viele Arbeitslose wie vor 30 Jahren, darunter viele Langzeitarbeitslose.

Die zentralen Fragen für die Zukunft lauten daher, welche Angebote dieser Gruppe helfen können und wie viel Druck der Staat ausüben soll, damit Menschen sich auch um einen Job bemühen. Einen guten Anlass, um darüber zu diskutieren, bietet eine geplante AMS-Reform. Dort wird künftig ein Algorithmus eingesetzt, um Jobsuchende in drei Gruppen einzuteilen, jene mit guten, mittleren und schlechten Chancen am Arbeitsmarkt. Abseits von der Frage, welche Rolle Algorithmen bei einer solchen Entscheidung spielen sollen, geht es um etwas Grundlegenderes: die langfristigen Konsequenzen dieser Dreiteilung.

Das Arbeitsmarktservice wird die Betreuung schwer vermittelbarer Menschen umkrempeln.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Das AMS will künftig vor allem Arbeitslose mit mittlerer Perspektive fördern, weil hier die größte Chance gesehen wird, etwas zu bewirken. Menschen mit schlechter Perspektive sollen die beiden teuersten AMS-Förderinstrumente dagegen künftig nicht mehr angeboten werden. Für diese Gruppe will das AMS niederschwellige Betreuungsangebote ausbauen. Diese Betreuungseinrichtungen wurden in den vergangenen Monaten getestet und haben laut einer Evaluierung gut funktioniert. Die Zufriedenheit der Menschen war hoch, vor allem weil das Konzept auf freiwilliger Teilnahme aufbaut und es keine Pflicht gab, AMS-Kurse zu besuchen – für Langzeitsarbeitlose, die häufig mit Erkrankungen kämpfen, eine Erleichterung. Das neue Format ist also prinzipiell vielversprechend.

Aber lässt sich dieses Konzept auf eine Großstadt wie Wien umlegen, mit ganz anderen Milieus? Erprobt wurden die neuen Betreuungskonzepte nur in den Bundesländern. Die Einrichtungen waren klein, daher ließ sich die hohe Qualität leichter halten. Kann das auch so bleiben, wenn nicht mehr hunderte, sondern zehntausende Arbeitslose zu betreuen sind? Für welche Altersgruppe soll das neue Modell gelten? Ist das nicht nur etwas für Jobsuchende über 50? Das AMS will auch deutlich jüngere Menschen zuweisen, was problematisch erscheint. Das Programm abzulehnen wäre falsch, aber diese Risiken sollte man im Blick behalten. (András Szigetvari, 19.9.2019)