Kampf um Österreichs größte Tageszeitung.

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Wien – Diese Woche noch könnten sich Familie Dichand und Immobilienmilliardär René Benko einigen, wie sie künftig gemeinsam Österreichs größte Tageszeitung, die "Krone", besitzen und führen. Das schreibt "Profil" seit Montag auf verschiedenen digitalen Kanälen. DER STANDARD berichtete bereits Anfang August von einer Annäherung von Dichand und Benko. Recherchen des STANDARD konnten die aktuellen "Profil"-Infos bisher nicht erhärten.

Der Stand der Ermittlungen

  • Ein laut "Profil" Mitte dieser Woche stattfindendes Gespräch oder Verhandlungen zwischen Dichand und Benko ließ sich bei mehreren Quellen sehr nahe an den Protagonisten nicht bestätigen. Das muss nicht bedeuten, dass es das Gespräch nicht gibt.
  • Am 6. September veröffentlichte der "Trend" Aussagen von "Heute"-Herausgeberin Eva Dichand, wonach die Gespräche zwischen ihrem Mann, "Krone"-Herausgeber und Eigentümervertreter Christoph Dichand, und Benko konstruktiv und weit gediehen seien.
  • Vorige Woche, sagen andere Quellen, soll es zwischen den beiden Gruppen indes gar nicht nach Einigung ausgesehen haben.
  • Die nächste Gesellschafterversammlung der "Krone" ist nach STANDARD-Infos am 30. September angesetzt. Die Funke-Gruppe hat Christoph Dichand im August einen neuerlichen Anlauf angekündigt, ihn als Herausgeber und Chefredakteur der "Krone" abzusetzen. Schon im März versuchte das die Funke-Gruppe, die Dichands stimmten dagegen. Funke/Benko und Dichands halten je 50 Prozent; ob die Dichands durch Aufteilung der Anteile mit Hans Dichands Erbe Stimmrechte verloren, wie die Funkes behaupten, soll ein Handelsgericht klären.

  • Update 22. September 2019: "Profil" berichtet in seiner neuen Druckausgabe, es habe vorige Woche entgegen den in der Vorwoche berichteten Erwartungen doch keine Einigung zwischen Dichand und Benko gegeben.

Worum geht es?

Die Funke-Gruppe schloss beim Einstieg in die "Krone" 1987 (und später 2003 auch formal fixiert) Rahmenvereinbarungen mit Zeitungsgründer Hans Dichand ab. Dem (2010 gestorbenen) Dichand und seinen Erben garantieren die Vereinbarungen einen jährlichen Gewinn in hoher einstelliger Millionenhöhe unabhängig vom Geschäftsgang der "Krone". Zudem haben die Dichands das Sagen in der Redaktion und beim Personal dort.

Immobilienmilliardär Benko beteiligte sich Ende 2018 mit knapp unter 50 Prozent an jener Beteiligungsholding der Funke-Gruppe, die 50 Prozent an der "Krone" und 49,44 Prozent am "Kurier" hält. Er will die Funke-Anteile komplett übernehmen und hat eine Option darauf. Unter vor allem einer Bedingung: Die Vorrechte der Dichands müssen fallen.

Die Funke-Gruppe hat die Rahmenvereinbarung über die Vorrechte gekündigt; die Dichands bekämpfen diese Kündigung vor einem Schiedsgericht nach Schweizer Recht. Sie argumentieren (grob): Die Rahmenvereinbarung ist unmittelbar mit den Gesellschaftsverträgen der "Krone" verknüpft und nur mit diesen aufzuheben. Und wer die "Krone"-Gesellschaftsverträge aufkündigt, der muss seine Anteile dem Mitgesellschafter zum – äußerst günstigen – Buchwert verkaufen. Mit einer Entscheidung des Schiedsgerichts rechnen Dichands wie Funkes zwischen heute und Dezember.

Aufhebungsverfahren nach dem Schiedsspruch

Aber mit der Entscheidung des Schiedsgerichts ist die Aufhebung noch nicht erledigt: In einem Verfahren vor dem Handelsgericht erklärte ein Anwalt der Funke-Gruppe im Sommer, dem Schiedsspruch folge ein Aufhebungsverfahren nach Schweizer Recht, das "kann bis zu einem Jahr dauern nach dem Schiedsspruch".

Benko hat in der "Presse" erklärt, er wolle mit den Dichands zu einer Neuregelung der Vorrechte kommen und winkte mit einer "Friedensdividende" – an der die Dichands zunächst wenig Interesse zeigten. Später folgten Gespräche – siehe oben.

Eine Neuregelung ist auch innerhalb der Dichands nicht einfach: Verhandler Christoph Dichand müsste auch seine Mutter Helga und seine Geschwister Michael und Johanna davon überzeugen.

Das Schiedsverfahren ist übrigens nicht das letzte zwischen den "Krone"-Gesellschaftern: Ein weiteres Verfahren läuft über Zuständigkeiten in den Gesellschaftsverhältnissen. Mit einer Entscheidung ist da 2020 zu rechnen – wenn der anderen Schiedsspruch oder ein Kompromiss zwischen Benko und Dichands es nicht obsolet machen.

"Profil" und Benko

Übernimmt Benko die Anteile der Funke-Gruppe, bekäme er damit auch Eigentümer-Einfluss auf "Profil": Die Redaktionsgesellschaft des Magazins gehört dem "Kurier", an dem Raiffeisen knapp mehr als 50 Prozent hält, die Funke-Österreich-Holding knapp unter 50 Prozent. Und seit vielen Monaten verhandelt der "Kurier" schon mit der Magazingruppe VGN, auch die wirtschaftlichen Agenden des Magazins zurückzukaufen.

  • Update: Die Wiedervereinigung von "Profil" wurde am 19. September 2019 abends intern kommuniziert – mehr unter diesem Link. (fid, 18.9.2019)