Mit dem Rad durch Wien zu fahren ist für Kinder nach wie vor gefährlich. Das sollte sich ändern, fordert die Radlobby.

Foto: Ines Ingerle/Radlobby Wien

Innsbruck/Wien – Teddybären sollen für Sicherheit sorgen. Die Wiener Radlobby hat am frühen Mittwochabend mit einer Stofftier-Aktion auf die Gefahren für Kinder im Straßenverkehr aufmerksam gemacht. Denn auch 2019 fehlt es in der Bundeshauptstadt weiterhin an sicherer Radinfrastruktur. Mit Teddybären als Puffer demonstrierte die Radlobby in der Währinger Straße, woran es krankt – denn nur eine bauliche Trennung von Radwegen und motorisiertem Verkehr schafft für beide Seiten Sicherheit.

"Kinder können in Wien im Grunde kaum selbstbestimmt von A nach B kommen, ohne sich dabei ernsthaft zu gefährden", erklärte Radlobby-Sprecherin Ines Ingerle den Hintergrund der Aktion. Entweder müssten sie streckenweise im Mischverkehr mit Autos, Lastern und Motorrädern radeln – oder der schmale Radstreifen liege zwischen Fließverkehr und parkenden Fahrzeugen, wo lebensgefährliche Situationen vorprogrammiert seien.

Salzburg gibt Vorreiterrolle auf

Die Forderung nach sicherer Infrastruktur für Radfahrer ist nicht neu. Dass nur so eine Steigerung des Radverkehrsanteils möglich sein wird, ist anhand zahlreicher internationaler Beispiele längst bewiesen. Man blicke dazu nur auf die Parade-Radnationen Dänemark oder die Niederlande. Dennoch scheut Österreichs Politik nichts mehr, als dem motorisierten Individualverkehr Einhalt zu gebieten.

STANDARD-Kollege Thomas Neuhold aus Salzburg hat erst diese Woche die erschreckenden Entwicklungen in Salzburg beschrieben. Die Stadt, die einst als Vorreiter in Sachen Radfahrpolitik in Österreich galt, hat den Rückwärtsgang eingelegt. Obwohl die Salzburger täglich im Verkehr ersticken, hält die zuständige ÖVP-Verkehrsstadträtin Maßnahmen zur Förderung und Sicherheit der Radler offensichtlich für vernachlässigbar.

Innsbruck verhindert Tempo 30

Auch im grün regierten Innsbruck folgten auf die vollmundigen Versprechungen von Bürgermeister Georg Willi, der im Wahlkampf noch mit dem Slogan "Wo ein Willi, da ein Radweg" warb, bislang kaum Taten. Die ebenfalls grüne Verkehrsstadträtin Uschi Schwarzl ließ in Sachen Radfahren nur mit halbherzigen Aktionen aufhorchen. Zuletzt etwa mit sogenannten Sharrows, das sind aufgemalte Radfahrer-Piktogramme auf den Straßen. Sie sollen Radler ermuntern, "selbstbewusst" die von Autos befahrene Fahrbahn zu nutzen. Inwiefern die Sharrows den Radler vor selbstbewussten Autos schützen, blieb dabei offen.

Immerhin ist den Innsbrucker Grünen zugute zu halten, dass sie sich bemühen. Denn sinnvolle Verkehrspolitik scheitert in Tirols Landeshauptstadt mitunter an rechtskonservativen Mehrheiten. So geschehen erst diese Woche, als eine Spontankoalition aus ÖVP, FPÖ und Für Innsbruck (eine ÖVP-Abspaltung) fast alle grünen Vorschläge zur Schaffung neuer 30er-Zonen verhinderte. Welchen halbwegs vernünftigen Grund es geben kann, im Stadtgebiet gegen eine solche Sicherheitsmaßnahme zu stimmen, ist nicht nachvollziehbar. Doch offenbar rasen manche Entscheidungsträger weiter mit Tempo 140 in Richtung verkehrspolitische Steinzeit. (Steffen Arora, 19.9.2019)