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Es brennt an allen Ecken und Enden im brasilianischen Amazonasgebiet. Nun formieren sich internationale Finanzinstitute und Investoren gegen den Kurs von Präsident Jair Bolsonaro.

Foto: Reuters, Bruno Kelly

Rio de Janeiro / Brasilia – Angesichts der verheerenden Waldbrände im Amazonasgebiet entdecken immer mehr Unternehmen ihr grünes Gewissen. Zahlreiche Investoren haben die brasilianische Regierung nun zu einem entschlossenen Kampf gegen die Abholzung und Brände im Amazonasgebiet aufgerufen.

"Als Anleger sehen wir die Abholzung und deren Folgen für Artenvielfalt und Klima als ein systemisches Risiko für unsere Portfolios", heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Brief von 230 Pensionsfonds, Vermögensverwaltungsgesellschaften und Kreditinstituten. Eigenen Angaben zufolge verwalten die Unternehmen insgesamt 16,2 Billionen Dollar (14,7 Billionen Euro).

Holzschlag dezimieren

Die Unterzeichner des offenen Briefs – darunter die britische Großbank HSBC, das französische Kreditinstitut BNP Paribas und die deutsche Deka Invest GmbH – riefen die Regierung dazu auf, durch bessere Kontrollen die illegale Abholzung zu unterbinden und den legalen Holzeinschlag deutlich zu reduzieren.

"Die Abholzung in der Region könnte das gesamte Ökosystem an einen Punkt bringen, an dem der Regenwald sich nicht mehr selbst erhalten kann und zu einer deutlich trockeneren Savannen-Landschaft wird", heißt es in dem Schreiben. "Das würde die Landwirtschaft und andere wirtschaftliche Unternehmungen fundamental erschüttern."

Von wachsendem Druck auf die Regierung von Präsident Jair Bolsonaro berichten auch europäische Exporteure und Unternehmen, die in Brasilien Produktionswerke betreiben. Die brasilianische Wirtschaft wolle nicht mehr tatenlos zusehen, dränge die Regierung zu einem Kurswechsel.

Neue Flächen für Agrar

Zuletzt haben sich Abholzungen und Brände kräftig ausgeweitet. Meist werden zunächst Bäume gefällt und die bereits abgeholzten Flächen danach von Farmern in Brand gesteckt, um neue Weideflächen und Ackerland für den Sojaanbau zu schaffen. Laut Human Rights Watch sind häufig auch kriminelle Netzwerke in die Abholzung verwickelt.

Der rechte Präsident sieht im Regenwald primär ungenutztes wirtschaftliches Potenzial und will mehr Flächen für Landwirtschaft, Bergbau und Energiegewinnung erschließen. Wegen seiner Umweltpolitik war er zuletzt international in die Kritik geraten. Weil der Regenwald immense Mengen CO2 binden kann, hat er auch für das Weltklima große Bedeutung.

Abholzung und Brände sorgten weltweit für Bestürzung. Die schwedische Modekette H&M und der US-Konzern VF, zu dem die Bekleidungsmarken Timberland, Vans und North Face gehören, kündigten bereits an, vorerst kein Leder aus Brasilien mehr zu beziehen. Der weltgrößte Lebensmittelkonzern Nestlé will seinen Einkauf von Fleisch und Kakao aus dem Amazonasgebiet prüfen.

Mercosur wackelt

Nun wackelt das Mercosur-Abkommen. Einige europäische Länder, darunter Österreich, stehen bei der Ratifizierung des Freihandelsabkommens zwischen der EU und dem südamerikanischen Wirtschaftsbündnis Mercosur auf der Bremse. Der EU-Unterausschuss im österreichischen Parlament hat bereits gegen das Abkommen gestimmt. Damit wird die Regierung zu einem Nein zu dem Abkommen auf EU-Ebene verpflichtet.

Da im Rat der Staats- und Regierungschefs der EU Einstimmigkeit notwendig ist, gilt der Pakt vorerst als gestoppt. Nach Protesten der Bauern hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bereits im Juli angekündigt, das Abkommen vorerst nicht zu ratifizieren.

Rinderbarone geben Kontra

Insbesondere die brasilianischen Rinderbarone und Sojabauern hatten sich vom Abbau der Zölle allerdings satte Zugewinne im Exportgeschäft versprochen. Just seine treuesten Verbündeten aus dem Agrarsektor geben Bolsonaro nun Kontra. Die Regierung schade dem mühsam aufgebauten Image der brasilianischen Landwirte, sagte Robert Brant vom Institut des Nationalen Bauernverbands. Der Gouverneur des Bundesstaats Maranhão, Flávio Dino, befürchtet sogar einen Boykott landwirtschaftlicher Produkte: "Wenn sich Brasilien auf internationaler Ebene isoliert, setzt es sich ernsten Handelssanktionen gegen unsere Produzenten aus." (dpa, red, 19.9.2019)