Vor der Küste Israels gefundene Zinnbarren, die vor etwa 3.300 Jahren dorthin gelangt waren.
Foto: Ehud Galili

Legierungen aus Kupfer und Zinn gewannen einst dermaßen an Bedeutung, dass sie es zu einem eigenen Abschnitt in der Menschheitsgeschichte brachten: Bronze wurde schon im vierten und dritten Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung im Nahen Osten, in Anatolien und der Ägäis hergestellt. Aus Bronze gefertigte Gebrauchsgegenstände, Waffen und Schmuck fanden weite Verbreitung. Die Herkunft des genutzten Zinns stellt Archäologen allerdings seit langem vor ein Rätsel dar. Ein internationales Forscherteam machte nun eine überraschende Entdeckung.

Isotopenanalysen

"Zinnvorkommen und Zinnlagerstätten sind in Europa und Asien selten", sagt Ernst Pernicka von der Universität Heidelberg und dem Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie. "Der östliche Mittelmeerraum, aus dem ein Teil der von uns untersuchten Objekte stammt, verfügte über so gut wie keine eigenen Lagerstätten. Der Rohstoff musste daher in dieser Region importiert werden", so der Forscher.

Für ihre aktuelle Studie im Fachblatt "Plos One" untersuchten Pernicka und Kollegen archäologische Zinn-Funde aus Israel, der Türkei und Griechenland aus dem zweiten Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung. Mithilfe von Isotopen- und Spurenelementanalysen konnten sie nachweisen, dass dieses Zinn nicht wie bislang vermutet aus Zentralasien stammt, sondern aus europäischen Zinnlagerstätten.

Darstellung von Zinnvorkommen auf dem eurasischen Kontinent und der Verbreitung von Zinnfunden im Untersuchungsgebiet aus der Zeit von 2.500 bis 1.000 v. u. Z.
Grafik: Daniel Berger

Cornwall und Devon

Im Fall der in Israel gefundenen Objekte gab es etwa große Übereinstimmungen mit Zinn aus Cornwall und Devon im heutigen Großbritannien. "Mit diesen Ergebnissen ist die Herkunft des Zinns nun zum ersten Mal konkreter zu fassen, woraus sich neue Erkenntnisse und Fragestellungen für die archäologische Forschung ableiten lassen", sagt Daniel Berger (ebenfalls vom Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie), Erstautor der Studie.

Das Ergebnis sei auch ein Beleg dafür, dass bereits in der Bronzezeit komplexe und weitreichende Handelssysteme zwischen Europa und dem östlichen Mittelmeerraum existierten, schreiben die Wissenschafter. Neben Zinn seien aber auch andere begehrte Rohstoffe wie Bernstein, Glas oder Kupfer der Motor dieses frühen internationalen Handelsgeflechts gewesen. (red, 22.9.2019)