"Gib mir deine Armen, deine Müden, deine geknechteten Massen", heißt es in einer Inschrift auf der echten Freiheitsstatue. Novomatic hat eine Kopie mit Firmenlogo vor den Sitz der tschechischen Tochterfirma stellen lassen

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Ende 2005 ist man bei Novomatic nervös: Die Reform des Glücksspielgesetzes steht bevor, und der Konzern weiß nicht, wie sie für ihn ausgeht. Hebt der Gesetzgeber das Glücksspielmonopol für elektronische Lotterien auf, knackt Novomatic den Jackpot. Kommt es zu schärferen Regeln für das kleine Glücksspiel, hat der Konzern den schwarzen Peter zugespielt bekommen.

Um seine Ziele durchzusetzen, beauftragt Novomatic die Agentur von Peter Hochegger, der später in viele Korruptionsaffären verwickelt sein wird, mit der Erstellung eines "Masterplans". Nach fast 15 Jahren hat dieser den Weg an die Öffentlichkeit gefunden.

Er weist erstaunliche Parallelen zur Gegenwart auf. Grundsätzlich gelte es, so der Masterplan, Novomatic als "höchst erfolgreiches, innovatives und verantwortungsbewusstes österreichisches Unternehmen" zu zeichnen, "das einen großen Beitrag" leistet. Oder, wie es der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in einer Finca auf Ibiza formulierte: Novomatic sei "in Wahrheit der größte Steuerzahler des Landes". So weit, so logisch. Doch wie wollte Novomatic Politiker überzeugen?

Nutzenbeispiele

Diese werden in der Regel "erst dann tätig, wenn sie für sich einen konkreten Nutzen sehen", heißt es im Masterplan. Mögliche "Nutzenbeispiele" seien etwa ein "Informationsvorsprung durch Einbindung" oder "konkrete Kooperations- oder Sponsoringprojekte in einem Wahlkreis". Zurück in die Gegenwart, wo Ermittlungen gegen den einstigen FPÖ-Abgeordneten Markus Tschank laufen. Der hatte ein "Institut für Sicherheitspolitik" gegründet, das mit dem Verteidigungsministerium und Novomatic kooperierte. Letztere versprach 200.000 Euro.

Außerdem wichtig sei die "Third Party"-Kommunikation, also "Pressegespräche und Gastkommentare", die in Zeitungen platziert werden sollen. Explizit genannt wird 2005 der Anwalt Walter Schwartz, der die Novomatic vertrat. 14 Jahre später findet wegen mutmaßlicher Absprachen zwischen Novomatic und der FPÖ eine Hausdurchsuchung bei Strache und dem Konzern statt. Kurz darauf erscheint in der Presse ein Gastkommentar, der die Razzia als "zu leichtfertig" kritisiert. Sein Autor: Walter Schwartz. Sein Erscheinungstermin: der Tag, an dem Norbert Hofer im ORF-Sommergespräch war. Wo Hofer gleich den Text ins Spiel brachte.

Auch der direkte Kontakt zu Politikern ist wichtig. In Gesprächen sollen "Win-win-Situationen" gezeigt werden. Auch jetzt stehen Treffen zwischen Politikern und der Novomatic im Fokus. So wollen Ermittler wissen, warum sich der damalige Staatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) im Februar auf einer Messe in London mit Novomatic-Gründer Johann Graf und CEO Harald Neumann getroffen hat. Auch Kontakte zwischen dem einstigen FPÖ-Klubchef Johann Gudenus und der Novomatic werden unter die Lupe genommen.

Ablenkungsmanöver

Funktioniert der Plan nicht, sollen die Gegner und Kritiker "durch die Medialisierung ihrer eigenen Problemfelder beschäftigt und abgelenkt werden". Dazu werden "verbündete Botschafter" genutzt, heißt es im Masterplan. Auch das erinnert an die Phase nach dem Ibiza-Video, als plötzlich über ominöse Blogs heikle Infos nach außen gespielt wurden. Die Frage nach der plötzlichen Herkunft dieser Informationen ist bis dato ungeklärt. Was sagt die Novomatic dazu? "Es handelt sich hierbei offenbar um ein Agenturkonzept aus dem Jahre 2005, und somit ist dieses völlig obsolet", so Pressesprecher Bernhard Krumpel. Besonders, weil die Novomatic nun ja an der Casinos Austria AG beteiligt sei. Mit dem Gastkommentar von Schwartz in der Presse habe man insofern zu tun, dass man ihn "gelesen" habe.

Auf die Novomatic könnten dennoch wieder schwierigere Zeiten zukommen. Die Grünen kämpfen, etwa in Form des Wiener Gemeinderats David Ellensohn, bereits seit Jahren gegen die Konzernpolitik der Novomatic, sie werden wohl wieder im Nationalrat landen. Und mit den Neos und ihrer Abgeordneten Stephanie Krisper hat sich eine weitere kritische Kraft im Parlament etabliert. Die brachte am Donnerstag auch einen Gesetzesantrag ein, der die Einsatz- und Gewinngrenzen im kleinen Glücksspiel drastisch reduzieren würden. Sie sagt: "Nach Einbringen des Antrags ist es für die Großparteien Zeit, Farbe zu bekennen." Man würde nun sehen, "wie lang der Arm der Novomatic tatsächlich reicht". (Fabian Schmid, 20.9.2019)