Plastik muss nicht automatisch schädliche Stoffe enthalten, betonen Wissenschafter der Goethe-Universität in Frankfurt am Main.

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Kaum ein Material ist so praktisch wie Plastik: langlebig, temperaturbeständig, bruchfest und trotzdem elastisch. Doch sind Kunststoffverpackungen gesundheitlich auch unbedenklich? Diese Frage untersuchte ein Forscherteam um Lisa Zimmermann von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Das zentrale Ergebnis ihrer Studie: Drei Viertel der Alltagsprodukte aus Plastik enthalten schädliche Substanzen.

Insgesamt analysierten die Forscher 34 Alltagsprodukte aus Kunststoff – etwa Joghurtbecher, Mehrwegtrinkflaschen und Gefrierbeutel. Diese Produkte bestanden aus acht verschiedenen Kunststofftypen, darunter PET, PVC und Polyurethan. Insgesamt waren in den Proben 1.411 Substanzen enthalten, ein Großteil (81,5 Prozent) war allerdings nicht identifizierbar. Nur 260 Chemikalien konnten exakt identifiziert werden. "Das heißt, wir wissen zum Großteil nicht, womit wir es in den Kunststoffprodukten zu tun haben. Wenn wir die Chemikalien nicht kennen, können wir auch nicht bestimmen, ob sie sicher für Mensch und Umwelt sind", betont Zimmermann.

In-vitro-Zelltests zeigten: 74 Prozent der untersuchten Alltagsprodukte enthielten Chemikalien, die entweder oxidativen Stress auslösten, zelltoxisch waren oder hormonähnliche Effekte hervorriefen.

Gesundheitlichen Auswirkungen unbekannt

Wolfgang Dekant vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, der nicht an der Studie beteiligt war, kritisiert die Schlussfolgerung der Studienautoren: "Die Bestimmung der in Kunststoffen enthaltenen chemischen Stoffe in Kombination mit wenig aussagekräftigen Toxizitätsprüfungen sagt nichts über eventuelle Gesundheitsrisiken bei Verzehr von verpackten Lebensmitteln aus. Gesundheitsrisiken sind abhängig vom Übergang der Inhaltsstoffe des Kunststoffs in das verpackte Lebensmittel, der sogenannten Migration. Die in der Publikation angewendeten Toxizitätsprüfungen werden von Behörden nicht als Methoden zur Charakterisierung toxischer Wirkungen anerkannt."

Demnach seien die gewählten toxikologischen Endpunkte unsinnig. "Jeder Stoff ist irgendwann zytotoxisch oder bedingt über allerlei Mechanismen sogenannten oxidativen Stress", sagt der Toxikologe. Die Autoren der Studie entgegnen, dass die gesundheitlichen Auswirkungen von Chemikalien in Kunststoffen noch weitgehend unbekannt seien. Lediglich einzelne Chemikalien wie Bisphenol A, das gesundheitsgefährdend ist, sind bisher gut untersucht.

Konsumenten können nicht bewusst entscheiden

Die Studienautoren betonen außerdem, dass nicht alle getesteten Plastikprodukte giftige Chemikalien enthielten. "Wir sehen also, dass es bereits unbedenklichere Alternativen auf dem Markt gibt. Wie unsere Studie zeigt, kann ein Joghurtbecher giftige Chemikalien enthalten, während ein anderer frei davon ist", sagt Carolin Völker, Mitautorin der Studie.

Welche Substanzen die Verpackung enthält, kann allerdings von den Konsumenten nicht festgestellt werden. Deshalb ist es den Forschern zufolge wichtig, das Thema sichere Kunststoffe auf die politische Agenda zu rücken. "Für die Kunststoffproduzenten sollte es verbindliche Auflagen geben, die Inhaltsstoffe transparent zu machen und die Unbedenklichkeit ihrer Produkte zu garantieren", fordern die Studienautoren. (red, 21.9.2019)