In München läuft der Countdown: Die neue Jahreszeit mit eigenem Mikroklima und eigenem Flüssigkeitskreislauf beginnt in Kürze.
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München – Das Oktoberfest oder kurz die Wiesn wird in München nicht nur als "fünfte Jahreszeit" betrachtet – diese Jahreszeit bringt auch ihr eigenes Klima mit. Schon vor Jahren hatte der Bonner Meteorologe Karsten Brandt bei Messungen festgestellt, dass das Volksfest sein eigenes Mikroklima mit höheren Temperaturen und höherer Luftfeuchtigkeit erzeugt. Seiner Ansicht nach die Hauptursache: die vielen Menschen.

Forscher der Technischen Universität München (TUM) legen nun termingerecht vor der Eröffnung der heurigen Wiesn ihre Messergebnisse aus dem vergangenen Jahr vor. Sie konnten feststellen, dass es auf dem Festgelände nicht nur wärmer als ringsum ist, sondern dass dort auch die Konzentration des Treibhausgases Methan deutlich ansteigt. Sie hatten im Münchner Stadtgebiet im Schnitt sechsfach erhöhte Werte gegenüber der Zeit vor oder nach dem Oktoberfest entdeckt. Am Wochenende waren die Werte sogar achtfach erhöht.

Die vermutlichen Ursachen

Um Posting-Spekulationen zuvorzukommen (falls es dafür nicht zu spät ist): Menschliche Methanproduktion schließt Studienleiterin Jia Chen aus. Noch nicht einmal die Hälfte aller Menschen produziere überhaupt Methan, und auch das nur im Bereich von ein paar Mikrogramm pro Sekunde – so könnten die gemessenen Konzentrationen nie erreicht werden.

Zu den wahrscheinlichsten Quellen für das Wiesn-Methan gehören den TUM-Forschern zufolge zum einen die Gasgrills und zum anderen Heizstrahler, die an kühleren Tagen aufgestellt werden. Dazu dürfte noch Gas kommen, das aus den Leitungen austritt – von Explosionsgefahr seien die Werte aber sehr weit entfernt.

Auch Abwasser aus der Gastronomie und aus den Toiletten war zunächst im Verdacht. Doch hier sind die Forscher schon einen Schritt weiter. "Das ist nicht der wahrscheinlichste Grund", sagte Chen. Um die Quellen weiter zu prüfen, werden die Wissenschafter während der kommenden Wiesn Luftproben in den Zelten entnehmen, um sie im Labor zu untersuchen.

Umfassende Beobachtung

Die TUM-Forscher hoffen nun, den Ursachen weiter auf die Spur zu kommen und daraus Maßnahmen zu entwickeln, die Emissionen zu senken. Sie wollen in den nächsten Jahren mit einem Netzwerk von fünf Stationen in und um München fortlaufend Kohlendioxid, Methan und Kohlenmonoxid erfassen.

Die Konzentration der Treibhausgase soll nicht nur punktuell am Boden, sondern in der gesamten Luftsäule bis zu 80 Kilometer über dem Messpunkt am Boden erfasst werden. Zusammen mit Wetter- und Winddaten soll ein genaues Profil erstellt werden, wo die Quellen der Gase sind und wie sie sich über der Stadt verteilen.

Jahresverbrauch einer Kleinstadt

Der Energiekonsum des Oktoberfests wird von der Stadt München jedes Jahr genau gemessen und auch bekanntgegeben. Im vergangenen Jahr wurden auf der Wiesn mit ihren Bierzelten, Verkaufsständen und Fahrgeschäften 200.937 Kubikmeter Erdgas verbraucht. Der Stromverbrauch lag bei 2,93 Millionen Kilowattstunden – der Jahresverbrauch einer Kleinstadt mit 21.000 Einwohnern.

"Wahnsinn, warum schickst du mich in die Hölle? (Hölle! Hölle! Hölle!)"
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Es wird allerdings auch schon länger versucht, die Bilanz mit klimafreundlicher Technologie aufzubessern. Vielfach fließt Ökostrom, einige Zelte haben Solardächer, LED-Lampen liefern die Beleuchtung. Das Wasser vom Auswaschen der Bierkrüge wird danach zur Toilettenspülung verwendet. Außerdem berücksichtigt die Stadt bei der Zulassung der Bewerber auch Punkte wie die Verwendung biologisch abbaubaren Hydrauliköls, schadstoffarme Zugmaschinen und das Produktangebot aus Öko-Anbau.

Dass neben dem schieren Stromverbrauch und natürlich dem anfallenden Müll und menschlichen Ausscheidungen aller Art auch Methan ein Thema ist, sorgte bei vielen für eine Überraschung. Allerdings handelte es sich auch um eine Premiere: "Das war die erste Untersuchung für Methan-Emissionen bei einem Volksfest", so Chen. Künftig soll die Messung zur Routine werden. (red, APA, 20. 9. 2019)