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Wattens/Wien – Thomas Silberberger hat überhaupt kein Problem damit, dass der WSG Wattens auf WSG Tirol umgetauft wurde. "Ich bin ja ein Tiroler", sagt der 46-jährige Trainer des Aufsteigers. Auch der Wechsel der Spielstätte vom Wattener Gernot-Langes-Stadion zum Innsbrucker Tivoli führte zu keiner Depression. Abgesehen davon war das alternativlos, die Bundesliga verlangt eben einen gewissen Komfort. "Der beste Tiroler Klub sollte im größten Stadion von Tirol spielen."

Der Aufsteiger ist im Oberhaus angekommen, Silberberger findet das "bärig". Er denkt in Quartalen, macht einen Plan, gibt ein Ziel vor. "Und das wurde immer erreicht." Acht Punkte nach sieben Runden, Platz sieben in der Tabelle, drei Zähler mehr als die berühmte Wiener Austria. Nur gegen Meister Red Bull Salzburg setzte es ein 1:5-Debakel. "Aber die betreiben eine andere Sportart."

Natürlich müsse man lernen, sich der eigenen Grenzen bewusst sein. "Wir orientieren uns an Mattersburg, Altach, Hartberg, St. Pölten und Admira. Wir können nicht groß agieren und kreativ sein, wir müssen sauber verteidigen und dann schnell umschalten." Silberberger ist seit 13 Jahren Trainer, die große Welt hat er nicht gesehen. Sechs Jahre FC Kufstein, ab 2013 Wattens. Vertrag hat er keinen, bei Präsidentin Diana Langes-Swarovski reicht ein Handschlag. "Ich weiß nur, wie viel ich verdiene." Silberberger verrät es natürlich nicht.

Heimweh

Seine Verbundenheit hat ganz persönliche, mentale Gründe. "Wenn ich keinen Kirchturm sehe, werde ich traurig. Ich brauche die Berge, bin nicht für die weite Welt geschaffen." Mit Schaudern erinnert er sich an seine Zeit als aktiver Fußballer, 1996 war er beim GAK engagiert. "Nichts gegen Graz, aber ich hatte nur Heimweh. Das war zu weit weg von Innsbruck."

Trainer haben Philosophien, Silberberger sagt, man dürfe Entwicklungen nicht verschlafen. "Es ändert sich alles rasch, du musst neue Trends einfließen lassen." Er sei ein Kumpeltyp, der ab und zu die Peitsche auspackt. Ein bisserl taugt ihm José Mourinho, der "waschechte" Tiroler ist glühender Chelsea-Fan. Allerdings würde er im überdimensionalen, berglosen London durchdrehen.

Mentale Folgen

Fußball und Tirol passen nicht wirklich zusammen. Schuld daran ist der Konkurs des FC Tirol im Jahre 2002. Es war die größte Wirtschaftspleite des Bundeslands (30 Millionen Euro). "Das steckt bei den Leuten tief in den Köpfen drinnen. Da ist verbrannte Erde geblieben, es muss noch viel Wasser den Inn runterfließen." Eine Fusion mit Wacker Innsbruck sei undenkbar. "Wir sind ein kleiner, schlafender Riese." Wattens und Silberberger haben sich in der Regionalliga West vergnügt, im Schnitt sind 150 Zuschauer gekommen. Legendär war 2014 der Gewinn des Tiroler Cups, im Finale wurde Kitzbühel 5:1 gedemütigt. Silberberger: "Wir sind gemeinsam gewachsen."

Der Plan wurde übererfüllt, der Aufstieg in die Tipico-Bundesliga war erst für die nächste Saison vorgesehen. Der Begriff "Dorfklub" stört ihn nicht. "Auch Wolfsberg gilt als Dorfklub. Oder Altach. Sie arbeiten besser als viele Traditionsvereine."

Der wohl größte Traditionsverein, Rapid, schaut am Samstag (17 Uhr im STANDARD-Live-Ticker) im Tivoli vorbei. "Wir fürchten uns nicht, leben unseren Traum. Rapid hat Strahlkraft." Ein Zuschauerrekord wird erwartet, 7000 dürften sich erbarmen, gegen Salzburg waren es 5400. Der WSG Tirol wird nur mäßig angefeuert, es gibt keine Kurve, die Sprechchöre anstimmt, Bengalen zündet. "Dafür haben wir keine Brösel."

Standing Ovations

Als in der ersten Runde die Austria 3:1 geschlagen wurde, gab es aber einen erhebenden Moment. "Zehn Minuten vor Schluss sind die Leute aufgestanden und haben applaudiert." Das letzte Treffen mit Rapid fand am 5. September 1970 in Wattens statt. An dem Tag, an dem Jochen Rindt in Monza tödlich verunglückt ist. Wattens gewann 2:1. Wo sich Silberberger in drei Jahre sieht? "In Tirol. Im oberen Playoff."

WSG Tirol – SK Rapid Wien
(Innsbruck, Tivoli Stadion Tirol, 17.00 Uhr, SR Drachta). Keine Saisonergebnisse 2018/19.

Tirol: Oswald – Hager, Cabrera, Gugganig – Gölles, Svoboda, Grgic, Buchacher – Rieder, Dedic, Pranter

Ersatz: Beccari – Nitzlnader, Santin, Adjei, Toplitsch, Walch, Jurdik

Es fehlt: Jauregui (Schambein)

Fraglich: P. Grünwald (Muskelfaserriss)

Rapid: Strebinger – Stojkovic/Auer, Dibon, Barac, Ullmann – D. Ljubicic, Schwab – Fountas, Murg, Schobesberger – Kitagawa

Ersatz: Knoflach – Hofmann, Velimirovic, Auer/Stojkovic, Knasmüllner, Arase, Badji

Es fehlen: Grahovac (Wade), Schick (Bänderverletzung im Knie), Szanto (nach Knie-OP)