Das iPhone 11 Pro überzeugt im Test mit einem hervorragenden Kamerasystem und einer sehr guten Akkulaufzeit.

Foto: Ayham Yossef
Daniel Koller/DER STANDARD
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DER STANDARD

Smartphones sind richtig fad geworden. Sie sehen im Grunde fast alle gleich aus und können mehr oder weniger dasselbe. Wirklich innovative Designs oder Features gibt es schon länger nicht mehr. Gleichzeitig setzen immer mehr Hersteller auf Premiumpreise. Vorgemacht hat das Apple mit dem iPhone X. Erstmals hat es ein Unternehmen gewagt, die magische 1.000-Euro-Grenze zu überschreiten. Seither sind auch andere Hersteller nachgezogen. Wenn man aber schon so viel für ein Smartphone ausgibt, dann möchte man schon ein gewisses Extra.

Für Apples iPhone haben lange Zeit mehrere Faktoren gesprochen: die Langlebigkeit aufgrund des ausgiebigen Supports, die Kamera und das Betriebssystem. An Ersterem hat sich nichts geändert. iOS 13 unterstützt immer noch das iPhone 6S, das vor mehr als vier Jahren veröffentlicht wurde. Andere Hersteller können sich davon eine Scheibe abschneiden. Bei der Kamera hat Apple in den vergangenen Jahren allerdings an Boden verloren. Googles Pixel und Huaweis P30 Pro ließen die Fotos des iPhones teilweise alt aussehen. Und auch beim mancherorts absichtlich beschnittenen iOS wurde Kritik laut, dass man doch manche Features endlich integrieren könnte.

Auf Gehör stieß der Tadel bei Apple nicht, da sich das Smartphone lange Zeit ohnehin prächtig verkaufte. Das iPhone X sorgte allerdings für eine Trendwende: Die Verkaufszahlen gingen stark zurück. Sicherlich ist dieses Problem gewissermaßen hausgemacht, da Kunden sich durch den langen Support nicht jedes Jahr ein neues iPhone kaufen müssen. Trotzdem braucht es einen gewissen Mehrwert und dieses Stückchen Extra, damit man zu einem Smartphone greift, das derart viel Geld kostet. Mit dem iPhone 11 Pro hat der Konzern nun gezeigt, dass es durchaus Gründe gibt, sich das neue Apple-Gerät zu holen.

Adieu Schlankheitswahn, Hallo längere Akkulaufzeit

Erstmals hat sich der Hersteller nämlich vom Schlankheitswahn bei seinen Smartphones befreit. Die neuen iPhones sind nun etwas dicker und bringen auch ein bisschen mehr Gewicht auf die Waage. Bei der ersten Verwendung fällt der Unterschied auf, ein unangenehmes Schwergewicht ist das iPhone 11 Pro aber nicht. Für den Kunden hat diese Designentscheidung mehrere Vorteile: Einerseits bekommen sie ein robusteres Smartphone, aber auch eine längere Laufzeit, da Apple einen größeren Akku verbaut hat. Bei letztgenanntem Punkt waren iPhones – bis auf das iPhone XR – eher Mittelmaß.

Apple verspricht beim iPhone 11 Pro eine Steigerung von insgesamt vier Stunden gegenüber dem iPhone XS. Beim iPhone 11 soll immerhin eine Stunde mehr erzielt worden sein, als beim ohnehin schon sehr ausdauernden iPhone XR. Apple dürfte bei seinem Versprechen tatsächlich Wort gehalten haben. Selbst bei starker Nutzung hatte das Testgerät am Ende des Tages noch rund 30 Prozent Akkustand. Das größere iPhone XS Max war hier bei nur mehr zehn Prozent. Zumindest beim iPhone 11 Pro ist Apple beim Ladegerät nun übrigens auch im Jahr 2019 angekommen: Endlich wird ein 18-Watt-Netzteil beigelegt, das das iPhone in rund 30 Minuten auf einen Akkustand von 50 Prozent bringt. Beim iPhone 11 wird immer noch das lahme Fünf-Watt-Netzteil ausgeliefert.

Die unterschiedlichen Linsen gleichzeitig im Einsatz.
Foto: Daniel Koller/DER STANDARD

Bei der Kamera nun wieder bei den Besten dabei

Apple hat nicht nur beim Akku, sondern auch bei der Kamera nachgebessert – für viele mittlerweile das wichtigste Feature eines Smartphones. Beim iPhone 11 Pro sind auf der Rückseite nun drei Zwölf-Megapixel-Linsen verbaut. Beim iPhone 11 zwei. Das Premium-Smartphone beherbergt ein Weitwinkel-, ein Ultraweitwinkel- und ein Teleobjektiv. Beim iPhone 11 sind nur die ersten zwei Linsen verbaut. Alle neuen iPhones haben nun auch eine Zwölf-Megapixel-Kamera auf der Frontseite für bessere Selfies. Neu ist ferner auch ein Nachtmodus, der bei Dunkelheit gute Bilder mit sich bringen soll. Vorherige iPhones hatten hierbei ja durchaus ihre Probleme.

Apples Nachtmodus ausprobiert.
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Im Test lieferte das iPhone 11 Pro sehr gute Bilder, die vor allem mit einer realistischen Darstellung punkteten. Auch der Wechsel zwischen den verschiedenen Linsen konnte überzeugen. Dieser passiert im Grunde nahtlos, sodass man in kürzester Zeit von einem Objekt mehrere Versionen aufnehmen kann. Auch der Nachtmodus ist ziemlich beeindruckend, wenn er funktioniert. Manchmal passiert es hier nämlich, dass der Fokus falsch gesetzt wird. Auch der verbesserte Porträtmodus kann überzeugen – hier werden die Kanten des Objekts nun deutlich besser erkannt. Insgesamt stellt das neue Kamerasystem eine klare Verbesserung gegenüber den vergangenen iPhones dar. Man kann hier nun wieder bei den Besten mitmischen.

Schauspielerin Victoria Hauer mit dem Porträtmodus fotografiert.
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Neuer Bildschirm kaum von altem zu unterscheiden

Das war es im Grunde auch mit den großen Neuerungen. Das iPhone 11 Pro weist nun eine matte Rückseite mit glänzendem Kamera-System auf – beim iPhone 11 ist es genau umgekehrt. Die Pro-Modelle kommen mit einem OLED-Display (5,8 Zoll und 2436 x 1125 Pixel bei 458 ppi beziehungsweise 6,5 Zoll und 2688 x 1242 Pixel bei 458 ppi) und bei der Standard-Version setzt man weiterhin auf LCD (6,1 Zoll und 1792 x 828 Pixel bei 326 ppi). Der Bildschirm des getesteten iPhone 11 Pro ist hinsichtlich der Farbdarstellung sehr gut, eine Besserung gegenüber dem iPhone XS konnte aber nicht ausgemacht werden. Schade ist, dass Apple bei seinen Pro-Geräten keine Displays mit einer höheren Bildwiederholungsrate jenseits der 60 Bilder pro Sekunde verbaut hat, wie es bereits beim iPad Pro der Fall ist.

Beim Chip spielt Apple ohnehin in einer eigenen Liga

Bei allen neuen iPhones ist nun auch Apples A13-Chip verbaut. Apples Prozessoren spielen schon länger in einer eigenen Liga, und auch die neueste Generation ist wieder ein ordentlicher Fortschritt, der dem Otto Normalverbraucher wohl nicht auffallen wird. Beim CPU-Test mit Geekbench 5 erzielte das iPhone 11 Pro einen Single-Core-Wert von 1.333 und einen Multi-Core-Wert von 3.553. Zum Vergleich: Beim iPhone XS Max mit dem A12-Chip sind es 1.113 Punkte beim Single-Core-Wert und 2.789 beim Multi-Core-Wert. Bei der täglichen Nutzung fällt der Unterschied aber nicht auf.

Notch ist noch immer da, entsperren geht nicht schneller

Der Notch ist übrigens immer noch da – auch wenn Apple ihn auf Werbebildern gerne kaschieren will. Kleiner geworden ist dieser auch nicht. Laut Apple soll Face ID bei den neuen iPhones nun besser funktionieren. Bei einer Gegenüberstellung mit einem iPhone XS Max konnte hierbei aber keine wirkliche Verbesserung erkannt werden. iOS 13 hat bereits dafür gesorgt, dass die Entsperrung bei allen iPhones mit Face ID schneller und fehlerloser erfolgt. Auch das iPhone 11 Pro tut dies problemlos, aber eben nicht wirklich besser.

Bessere Lautsprecher und mysteriöser U1-Chip

Bei den Stereo-Lautsprechern wurde aber sehr wohl eine Besserung erzielt. Diese sind nun lauter geworden und liefern insgesamt einen etwas verbesserten Sound. Die Surround-Sound-Technik Dolby Atmos ist nun auch an Bord. Eine weitere Neuerung ist Apples U1-Chip. Dieser bringt eine sehr genaue Standortbestimmung dank Ultrabreitband mit sich. Laut Apple funktioniert das neue Feature wie "GPS, nur auf Zimmergröße". Apples Datenübertragungsdienst Airdrop soll dadurch verbessert werden. Weitere Funktionen sind laut Gerüchten bereits in Planung. Das verbesserte Airdrop wird allerdings erst ab iOS 13.1 aktiviert und konnte somit nicht getestet werden.

Apple öffnet sein Betriebssystem – zumindest ein bisschen

Apropos iOS 13: Hier hat sich Apple zumindest ein bisschen geöffnet und längst fällige Funktionen integriert. So werden nun USB-Geräte, Drahtloscontroller und Wireless-Mäuse unterstützt. Auch der Dateimanager und die Kurzbefehle-App wurden verbessert. Und die wohl offensichtlichste Neuerung ist der Dark Mode, der in immer mehr Apps Platz findet. Dass nun auch bei der nativen Tastatur Wischgesten möglich sind, ist eine willkommene Neuerung. Insgesamt öffnet Apple seine Plattform zumindest ein bisschen, was ein Schritt in die richtige Richtung darstellt.

Zu welchem iPhone soll ich nun greifen?

Zuletzt stellt sich die Frage, ob man denn nun zu der Standard-Version oder dem Pro-Modell greifen sollte. Das iPhone 11 kostet mit 800 Euro insgesamt 350 Euro weniger als die Pro-Variante (1149 beziehungsweise 1249 Euro). Dafür verzichtet man auf das Teleobjektiv, einen dünneren Displayrand, den OLED-Bildschirm und theoretisch besseres LTE. Auf den ersten Blick ist der Unterschied zwischen den beiden Displays allerdings nicht auszumachen. Zudem soll das iPhone 11 eine fast identische Laufzeit wie das iPhone 11 Pro Max mit sich bringen. Kann man also mit einem LCD-Bildschirm und dem Wegfall eines Teleobjektivs leben, ist das günstigere iPhone sicher die bessere Wahl. Wer das Beste vom Besten möchte, wird mit dem iPhone 11 Pro glücklicher werden.

Fazit

Lange Zeit hat Apple bei seinen Smartphones das gemacht, was man selbst für absolut richtig hielt. Dass das iPhone nun dicker geworden ist und dafür mehr Laufzeit mit sich bringt und iOS 13 zumindest ein bisschen geöffnet wird, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Auch die deutlichen Verbesserungen bei der Kamera können sich sehen lassen.

Insgesamt zählt das iPhone 11 sicherlich zu den besten Smartphones am Markt. Für das Gebotene sind die 800 Euro für die Standardversion auch durchaus fair – es ist immerhin noch Apple. Wer sich ein iPhone kaufen will, wird ohnehin nicht von solchen Preisen abgeschreckt. Schließlich bekommt man ein hervorragendes Smartphone, das einen ein paar Jahre begleiten wird. Und eines muss man eingestehen: Apple hat offenbar den Elfenbeinturm verlassen und geht nun auch auf Kritikpunkte ein. (Daniel Koller, 22.9.2019)

Ausgewählte Testfotos (alle Original-Aufnahmen in diesem Google-Fotoalbum)

Foto: Daniel Koller/DER STANDARD
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