Für das Bauvorhaben am Heumarkt (li.) hat sich Christoph Chorherr, der Ex-Planungssprecher der Wiener Grünen, ebenso eingesetzt...

Entwurf: Isay Weinfeld und Sebastian Murr, Rendering: nightnurse images, Zürich

...wie für das Projekt Danube Flats bei der Reichsbrücke (Turm ganz rechts).

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Christoph Chorherr trat auf Druck von der grünen Partei aus.

Foto: APA / Herbert Pfarrhofer

Wien – Er war der erste nicht amtsführende grüne Stadtrat in Wien, Klubchef der Partei, kurzzeitig Bundessprecher der Grünen und mehr als zwanzig Jahre im Gemeinderat. Aktuell ist das grüne Urgestein, das im Februar seinen Rückzug aus der Stadtpolitik bekanntgab, nicht einmal mehr Parteimitglied. "Auf Wunsch einiger Grüner" trat der Ex-Planungssprecher aus seiner Partei aus, wie er dem ORF sagte.

Dass Chorherr den Rückhalt bei den Grünen verloren hat, ist offensichtlich. So bezeichnete es Bundessprecher Werner Kogler im STANDARD-Chat als "schweren politischen Fehler", dass der von Chorherr gegründete gemeinnützige Verein s2arch auch hohe Spenden von Immobilienkonzernen angenommen hat. Fast wortgleich äußerte sich die Wiener Vizebürgermeisterin Birgit Hebein.

Zwei Schulen in Südafrika als Sozialprojekt

Der gemeinnützige Verein errichtete dank der Spenden aus der Immo-Branche – sowie Förderungen der Stadt Wien in Höhe von 550.000 Euro – zwei Schulen als Sozialprojekt in Südafrika. Die schiefe Optik in der Causa ergibt sich aber aus der Tatsache, dass Chorherr parallel zu seiner Tätigkeit als Planungssprecher der Wiener Grünen bis 2018 auch Präsident des Vereins war. "Der Verdacht auf jahrelange Korruption in der Wiener Flächenwidmung liegt hier nahe", sagte etwa ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel.

Chorherr weist diese Vorwürfe auf das Schärfste zurück. Einen Fehler räumt er aber ein: "Es wäre besser gewesen, wenn ich nicht mehr Vereinsobmann gewesen wäre." Konkret hätte er seine operative Tätigkeit für den Verein mit dem Regierungseintritt der Grünen 2010 beenden sollen.

Staatsanwaltschaft seit 2017 tätig

In der Causa ist die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft seit einer Anzeige 2017 tätig. Ermittelt wird gegen acht Personen wegen des Verdachts der Bestechung, des Amtsmissbrauchs und der Bestechlichkeit. 2018 wurde zudem ein Magistratsbeamter angezeigt. Es gilt die Unschuldsvermutung. Im Sommer durchforsteten Beamte des Bundesamtes zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) Akten im Magistrat für Flächenwidmung. Laut Chorherr wurden 19 Mitarbeiter der Magistratsabteilung bereits befragt.

Für die Grünen bleibt der Fall Chorherr aber auch nach dem Parteiaustritt ein Problem: Die Wiener FPÖ hat angekündigt, den Verein s2arch, die Spendengebarung und mögliche Auswirkungen auf Flächenwidmungen im Rahmen einer U-Kommission zu durchleuchten. Diese kann ein Jahr lang untersuchen: Somit könnte Chorherr auch Thema im Wien-Wahlkampf 2020 bleiben.

Tojner: Habe nicht gespendet

Kritisch wird vor allem die von Rot-Grün beschlossene Umwidmung am Heumarkt gesehen, die einen Turmbau in der Unesco-Welterbezone ermöglicht – und Wien einen Eintrag auf der Roten Liste bescherte. Chorherr trat als Unterstützer des Bauvorhabens von Investor Michael Tojner auf. Das Projekt wurde gegen den Willen der grünen Basis, die sich in einer Urabstimmung dagegen aussprach, durchgeboxt.

Am Freitag verwehrte sich Tojner gegen die Darstellung, für Chorherrs Verein gespendet zu haben. Er habe eine Minderheitsbeteiligung von zehn Prozent an einer Firma gehalten, die an den Verein gespendet habe. Tojner sei zum Zeitpunkt der Spenden aber nicht operativ tätig gewesen.

Bereits zuvor ging der Immobilienkonzern Soravia in die Offensive. Aussagen über Spenden an den Verein seien falsch. Soravia baut mit Partnern den 163-Meter-Wohnturm Danube Flats bei der Reichsbrücke. Er kann dank einer massiven Aufwertung des Areals realisiert werden: Vor der Umwidmung 2015 war eine Höhe von 26 Metern erlaubt. Auch hier trat Chorherr als Unterstützer auf.

Am Freitagabend zog der Wiener NEOS-Klubchef Christoph Wiederkehr seine Vorwürfe, wonach Unternehmer Erwin Soravia beziehungsweise eines seiner Unternehmer für das Ithuba-Projekt des Ex-Grünen Christoph Chorherr gespendet und dafür eine Flächendeckung für das Projekt "Danube Flats" erreicht habe, zurück. Die entsprechende Behauptung sei falsch, bedauerte Wiederkehr. Soravia hatte den NEOS davor mit Klage gedroht.

Seit Juni freier Berater bei Soravia

Seit Juni ist Chorherr übrigens als Berater bei Soravia tätig. Dass Chorherr quasi volley zum Immokonzern gewechselt ist, sorgt auch bei grünen Spitzenvertretern intern für heftige Kritik und Kopfzerbrechen. "Chorherr hat uns ein Drachenei gelegt. Er wird eher nicht mehr zu uns zurückkommen", heißt es. (David Krutzler, 20.9.2019)