Geht es nach Menschenrechtsorganisationen, soll die EU mehr für die Menschen tun, die im Mittelmeer auf Seenot sind und nach Europa wollen.

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Valletta/Berlin/Wien – Vor einem von Deutschland und Frankreich initiierten Innenministertreffen zur Rettung von Menschen, die in Booten versuchen, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen, haben Menschenrechtler eine solidarische Lösung eingefordert.

"Wir erwarten von dem Treffen in Malta eine Einigung auf einen Ad-hoc-Mechanismus von aus Seenot geretteten Menschen, der eine rasche und unkomplizierte Aufnahme sicherstellt", sagte Markus Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland. Alle sollten gleichermaßen Zugang zu einem fairen und sicheren Asylverfahren erhalten. Die Rettungsschiffe müssten jeweils den nächstgelegenen sicheren Hafen ansteuern dürfen, so wie im Seerecht vorgesehen.

EU soll Kooperation mit Libyen beenden

Außerdem müssten die EU-Staaten ihre Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache einstellen, sagte Beeko. Es sei inakzeptabel, dass verzweifelte Menschen, die mit Booten versuchten, nach Europa zu gelangen, nach Libyen zurückgebracht würden. Dort erwarteten sie Misshandlungen und Folter. Günter Burkhardt, Geschäftsführer von Pro Asyl, forderte einen Evakuierungsplan für in Libyen festsitzende Schutzsuchende – notfalls mit einer "Stichtagsregelung", damit zuerst den jetzt schon dort lebenden Flüchtlingen geholfen werden könne.

Erst am Donnerstag ist ein Migrant aus dem Sudan vor den Augen von UN-Helfern in Libyen erschossen worden. Daraufhin sagte der UNHCR-Sprecher Charlie Yaxley, dass dieser Vorfall ein neuer Beweis dafür sei, dass Libyen kein sicheres Land sei und Migranten unter keinen Umständen in das Bürgerkriegsland zurückgebracht werden dürften.

Seehofer bereit für Aufnahme

Der deutsche Innenminister Horst Seehofer (CSU) will an diesem Montag auf Malta mit Vertretern aus Frankreich, Italien und Malta, mit dem EU-Ratsvorsitzenden Finnland und der EU-Kommission über einen kurzfristigen Verteilmechanismus beraten. Damit soll verhindert werden, dass jedes Mal, wenn ein Schiff Flüchtlinge an Bord nimmt, langwierige Verhandlungen darüber beginnen, welcher Staat sie aufnimmt. Die Ergebnisse der Gespräche auf Malta sollen laut Seehofer am 8. Oktober beim Treffen der EU-Innenminister in Luxemburg vorgestellt werden. Seehofer hatte angeboten, Deutschland könne jeweils ein Viertel der Geretteten aufnehmen. Dafür hatten ihn einige Politiker von CDU und CSU kritisiert.

Skeptisch reagierte Pro Asyl auf Seehofers Ankündigung, eine Alternative zum Dublin-System zu erarbeiten. Es sei besser, das Dublin-Verfahren weiter anzuwenden und gleichzeitig die freiwillige Aufnahme und die Familienzusammenführung zu intensivieren, sagte Burkhardt. Derzeit ist nach den Dublin-Regeln jenes Land für die Bearbeitung von Asylanträgen zuständig, in dem Geflüchtete zuerst europäischen Boden betreten haben.

Österreich ist wie die meisten EU-Staaten bei dem Treffen zur Seenotrettung in Malta, das am Montag stattfindet, nach Angaben des Innenministeriums nicht vertreten. Vehemente Kritik am Vorstoß für einen Verteilungsmechanismus kam naturgemäß von Ungarn, hierzulande von der ÖVP und FPÖ. (APA, red, 22.9.2019)