Nein, Korruption und Feilbieten von Presse, Wasser, Bauaufträgen und sonst noch so allem Möglichen ist keine Kleinigkeit. Was Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus nichtsahnend im Klartext ausgeplaudert haben, ist wahrlich ein Tiefpunkt in der politischen Moral unseres Landes. Oder vielleicht besser: Es ist der Beweis, dass es keine politische Moral mehr gab, in dieser türkis-blauen Unregierung.

Ibiza ist längst zum geflügelten Wort für Verkommenheit und Schamlosigkeit geworden. Schier unglaublich sind aber folgende Entwicklungen:

Ibiza, Tiefpunkt der österreichischen Politik.
foto: sz/spiegel

Ibiza ist harmlos I

Die beiden Saufbrüder mit einem Faible für reiche Osteuropäerinnen stehen auf dem Abstellgleis. Der Rest der Bande ist aber unmittelbar nach dem Wahnsinn auf der spanischen Insel offensichtlich in ein Vollwaschprogramm mit Turboschleuder gestolpert. Alle scheinen sauber und clean, ja fast sauberer als die anderen. Wie schnell doch ein Volk vergisst.

Ibiza ist harmlos II

Was der BVT-Untersuchungsausschuss ans Tageslicht brachte, dagegen ist Ibiza wirklich harmlos. Korruption und Verderbheit ist eines, aber einen – wie es Kai Jan Krainer, Parlamentsabgeordneter der SPÖ, in der Abschlusspressekonferenz des BVT-U-Ausschusses berichtete – "Geheimdienst im Geheimdienst" aufzubauen, also eine "blaue Stasi", das ist viel skandalöser, regt anscheinend nur niemanden auf. Wer einen "Geheimdienst im Geheimdienst" gründet, gründet eine Parallelstruktur. Polizei in der Polizei, Justiz in der Justiz, Staat im Staat.

Droht ein rechtsextremer Putsch?

Derartiges Verhalten ist nur logisch, wenn es um einen – offenen oder versteckten – Putsch gehen soll. Ziel solcher Machenschaften ist niemals ein redliches, schon gar nicht ein demokratiepolitisch vertretbares.

Wer ertappt wird, einen Staatsstreich vorzubereiten oder zu planen, wer das Staatsgefüge hintergeht und unterwandert, ist für jede Art von Regierungsbeteiligung disqualifiziert. Wie weit diese Staats-zerstörerischen Aktivitäten schon gediegen waren, zeigt der bekannt gewordene Umstand, dass der Chef der Identitären direkt intensiven Kontakt ins Kabinett hatte. Und dass Norbert Hofer sich den Einsatz des Bundesheeres gegen Demonstrierende herbeisehnt, passt ins alarmierende Gesamtbild.

Wenn unser Land von einem eitlen Selbstverliebten mit einer teuren Ablenkshow geblendet werden soll, während ein neuer Austrofaschismus in Ruhe die Macht an sich reißen kann, dann Gute Nacht! Die "Netzwerke" haben offensichtlich viel im Griff und stellen eine Macht dar, die sich der parlamentarischen und demokratischen Kontrolle entzieht. Das kommt einem Staatsstreich gleich.

Ibiza ist wahrlich ein Tiefpunkt. Aber das, was im türkis-blauen Dunst zu Gange war und vermutlich auch immer noch ist, ist viel gefährlicher! Der BVT-Untersuchungsausschuss hat es herausgefunden, aber im Wahlkampf scheint niemand Zeit zu haben, sich um die wirklich wichtigen Dinge zu kümmern. Ibiza ist harmlos. (Bernhard Jenny, 26.9.2019)

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