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Laufend retten private Hilfsschiffe Menschen aus dem Mittelmeer. Wer die Geretteten aufnimmt, bleibt bisher individuellen Verhandlungen überlassen.

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Vittoriosa/Rom – Bei einem Treffen in Malta verhandeln die Innenminister von Deutschland, Frankreich, Italien und Malta unter finnischer Ratspräsidentschaft über eine Übergangslösung für aus Seenot gerettete Migranten. Einige der Teilnehmer zeigten sich beim Auftakt des Gipfels in dem Ort Vittoriosa optimistisch: "Wir haben gute Aussichten", sagte die parteilose italienische Innenministerin Luciana Lamorgese bei ihrer Ankunft. Auch der deutsche Innenminister Horst Seehofer gab sich "gedämpft optimistisch".

Lamorgese war Anfang September dem rechtspopulistischen Lega-Chef Matteo Salvini im Innenministerium gefolgt. Bei dem Treffen soll eine Grundsatzeinigung gefunden werden, wie Bootsmigranten aus dem zentralen Mittelmeer künftig auf andere Staaten verteilt werden. Italien pocht darauf, dass die geretteten Migranten auch auf andere EU-Staaten verteilt werden.

Die neue italienische Innenministerin Luciana Lamorgese gibt sich im Vorfeld des Gipfels optimistisch.
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Italien fordert Unterstützung

Bis zum Regierungswechsel in Italien Anfang September und dem damit einhergehenden Schwenk in der italienischen Migrationspolitik saßen gerettete Migranten teils wochenlang an Bord ziviler Rettungsschiffe fest, weil ihnen die Einfahrt in italienische Häfen verwehrt wurde. Nach der Ablöse von Salvini als Innenminister sind Italiens Häfen nun wieder geöffnet, Regierungschef Giuseppe Conte forderte jedoch, dass sich die EU-Mitgliedsstaaten an der Verteilung von geretteten Migranten beteiligen. Zuletzt musste in jedem Einzelfall geklärt werden, welches Land sich zur Aufnahme bereiterklärt.

Österreich ist wie die meisten EU-Staaten nicht bei dem Treffen vertreten. Es kann daher nicht mit einer Lösung der Verteilungsfrage von Migranten gerechnet werden, mit der alle EU-Mitgliedsstaaten einverstanden wären. Vehemente Kritik am Vorstoß für einen Verteilungsmechanismus kam bereits von Ungarn, aber auch von Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz und der FPÖ. Mit einer neuerlichen Debatte über die Verteilung von Flüchtlingen gehe man zurück zu der Situation von 2015 und sende ein falsches Signal an Schlepper, sagte Kurz am Montag im Ö1-"Mittagsjournal". Sein Ziel sei, dass es keine illegale Migration mehr gebe.

Allianz von Frankreich und Italien

Bei dem Treffen verhandeln also vor allem jene Staaten, die bereit sind, sich an der Aufnahme von Flüchtlingen zu beteiligen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat im Vorfeld gesagt, er sehe ein "Fenster der Möglichkeiten" für eine Einigung. Gemeinsam mit der italienischen Regierung hat sich Frankreich für die Schaffung eines Verteilungsmechanismus ausgesprochen und finanzielle Strafen für Mitgliedsstaaten gefordert, die sich nicht beteiligen wollen.

Während in Malta die Innenminister beraten, soll das Rettungsschiff Ocean Viking am Dienstag mit 182 geretteten Flüchtlingen an Bord in Sizilien ankommen. Die EU-Kommission koordiniert ihre Verteilung und erklärte nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur Ansa, dass sich bisher fünf EU-Länder bereiterklärt hätten, sich an der Umverteilung zu beteiligen.

UNHCR fordert besseres Asylsystem

Uno-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi fordert ein "effizientes Such- und Rettungssystem für Migranten im Mittelmeer. Strafen und Schiffskonfiszierungen auf Kosten von NGOs müssen ein Ende finden", so Grandi in einem Beitrag, der von der britischen Tageszeitung "Financial Times" vor dem am Montag beginnenden Migrationsgipfel auf Malta veröffentlicht wurde.

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Am Rande des Gipfels kam es auch zu Transparentaktionen der NGO Lifeline. Sie fordert von der EU mehr Mittel zur Seenotrettung.
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"Wir brauchen ein kohärentes europäisches Landesystem mit der Unterstützung von EU-Mitgliedsstaaten, die die Geretteten aufnehmen, sowie ein effizientes und flexibles Asylsystem", sagte Grandi. Seit dem Rekordhoch 2015 seien die Migrantenankünfte in Europa stark gesunken. Die EU-Mitgliedstaaten hätten jedoch diese ruhigere Phase nicht genutzt, um "legale und sichere Einwanderungskanäle" aufzubauen, kritisierte Grandi.

Am Sonntag forderten auch Vertreter von bekannten Menschenrechtsorganisationen die EU-Innenminister auf, sich rasch auf eine Aufnahme der Bootsflüchtlinge zu verständigen. Zudem forderten sie eine solidarische Lösung und die Einstellung der EU-Kooperation mit Libyen. Auch Grandi kritisiert die Heimführung von Migranten nach Libyen: Dies wäre eine Abwendung von wesentlichen europäischen Werten, sagte der UN-Kommissar. (APA, red, 23.9.2019)