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Die Muttergesellschaft von Thomas Cook in Großbritannien musste in der Nacht auf Montag Insolvenz anmelden. Urlauber sind unterschiedlich betroffen.

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Der britische Reisekonzern Thomas Cook ist pleite. Der älteste Touristikkonzern der Welt war durch eine milliardenschwere Abschreibung auf ein Tochterunternehmen und ein schwächeres Reisegeschäft ins Schleudern geraten. Zudem litt der Konzern mehr als Rivalen wie Tui und unter der mit Brexit und schwächerem Pfund einhergehenden Reiseunlust der Briten. Unmittelbar vom Zusammenbruch betroffen sind etwa 600.000 Touristen. Was betroffene Reisende nun tun können und wie sie notfalls aus ihrem Urlaub zurückkommen.

ORF

Frage: Sind Urlauber, die bei Thomas Cook in Österreich eine Reise gebucht haben, auch von der Insolvenz betroffen?

Antwort: Noch nicht. Konkurs angemeldet hat der Mutterkonzern in Großbritannien. Beobachter wie Peter Kolba vom Verbraucherschutzverein gehen aber davon aus, dass sich die Insolvenz der Mutter auch auf die Österreich-Niederlassung auswirken wird. Vorerst sind auch die heimischen Flughäfen von der Pleite nicht betroffen.

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Alle Flüge sind gestrichen worden, teilte die britische Flugbehörde in der Nacht auf Montag mit.
Foto: Reuters/PHIL NOBLE

Frage: Können sich Betroffene an Thomas Cook direkt wenden?

Antwort: Das wird nicht viel bringen, die Website ist nicht mehr erreichbar. Auf der deutschen Website steht: "Die Verhandlungen zur geplanten Rekapitalisierung der Thomas Cook Group plc sind gescheitert. Daher sieht sich die Thomas Cook GmbH gezwungen, auf Notgeschäftsführung umzustellen. Die Durchführung von Reisen mit Abreisedatum 23. und 24. September kann nicht gewährleistet werden. Jeglicher Verkauf von Reisen ist gestoppt. Wir loten derzeit letzte Optionen aus. Sollten diese scheitern, sehen wir uns gezwungen, für die Thomas Cook GmbH, Thomas Cook Touristik GmbH und Bucher Reisen & Öger Tours GmbH und möglicherweise auch weitere Gesellschaften Insolvenzantrag zu stellen. Wir werden Gäste mit Abreisen am 23. und 24. September baldmöglichst kontaktieren. Bitte sehen Sie davon ab, selbst in unseren Callcentern anzurufen."

Von der Pleite des Konzern sind 600.000 Urlauber betroffen.
Foto: APA/AFP/TOLGA AKMEN

Frage: Was können betroffene Urlauber dann machen?

Antwort: Diejenigen, deren Reise erst bevorsteht, die den Urlaub nun aber nicht antreten können, haben in der Regel eine Anzahlung gemacht oder schon alles bezahlt. Sie müssen sich beim sogenannten Abwickler anmelden, das ist eine Stelle, die zumindest theoretisch rund um die Uhr erreichbar sein muss.

Frage: Wer ist das?

Antwort: Das ist im konkreten Fall die Allianz Worldwide Partners (AWP P&C S.A.) in der Pottendorfer Straße 23–25, 1120 Wien, Tel.: +43 1 52503 681.

Frage: Was macht AWP?

Antwort: Sie sammelt und registriert Erstattungsansprüche. Um einen Erstattungsanspruch geltend zu machen, müssen sich Betroffene binnen acht Wochen ab dem Zeitpunkt der Insolvenz melden, sprich bis spätestens 18. November. Dann wird überprüft, wie viele sich angemeldet haben und ob sich das mit der Versicherungssumme ausgeht.

Die britische Regierung ließ die größte Rückholaktion anlaufen – in Tunesien warten hunderte Urlauber auf ihren Rückflug.
Foto: APA/AFP/FETHI BELAID

Frage: Wie hoch ist die Versicherungssumme?

Antwort: Die beträgt laut Kolba rund 21 Millionen Euro und sollte für die Ansprüche in Österreich reichen.

Frage: Und wenn sich jemand an der Urlaubsdestination befindet und sich um seinen Rücktransport in die Heimat sorgt?

Antwort: Da besteht kein Grund zur Sorge. In der Reisebürosicherungsverordnung ist auch für diese Fälle vorgesorgt. Der Abwickler, das heißt im konkreten Fall die AWP P&C, ist angehalten, dafür Sorge zu tragen, dass die Reisenden rasch, sicher und kostenlos nach Hause kommen.

Frage: Es gibt noch eine Spielart, in Tunesien ist es offenbar so, dass ein Hotelier Gäste nicht abreisen lässt, bevor die nicht noch einmal bezahlt haben. Was sollen Betroffene machen?

Antwort: Auch diese Zahlungen sind von der Versicherung zu erstatten. Im Jahr 1996 gab es mit Karthago Reisen einen vergleichbaren Fall. Ein Hotelier in Griechenland hatte mit den Reisenden um die Koffer gekämpft. Damals war es strittig, die Verbraucherschützer haben den Fall bis zum Europäischen Gerichtshof ausjudiziert. Der hat geurteilt, dass Zahlungen, die unter Zwang erfolgt sind, auch von der Versicherung erstattet werden müssen. Auch hier gilt eine achtwöchige Frist, in der entsprechende Belege beim Abwickler einzureichen sind.

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Etwa 10.000 bis 15.000 Betroffene sind österreichische Touristen.
Foto: AP Rui Vieira

Frage: Wie viele Touristen aus Österreich sind von der Pleite betroffen?

Antwort: Die Angaben schwanken zwischen 10.000 und 15.000, die eine Reise nach Griechenland, Tunesien, in die Türkei oder auf die Balearen gebucht haben. Aktuell befinden sich 4.600 Personen an Urlaubsdestinationen, die bei Thomas Cook Österreich gebucht haben.

Frage: Was passiert in Fällen, in denen nicht direkt beim Veranstalter gebucht wurde?

Antwort: Grundsätzlich gilt die Regelung des Insolvenzschutzes nur für Pauschalreisen. Von einer solchen spricht man dann, wenn touristische Leistungen gemeinsam gebucht werden, klassischerweise der Flug und das Hotel.

Frage: Die Regelung wurde erweitert auf sogenannte verbundene Reiseleistungen. Was ist das?

Antwort: Wenn jemand auf einer Onlineplattform einen Flug bucht, und es wird damit geworben, ein Hotel dazuzubuchen, dann ist es jedenfalls keine Pauschalreise, weil einerseits der Flug und andererseits das Hotel gebucht wird. Wenn bei der Flugbuchung aber die Daten aufgenommen und diese an den Hotelier weitergeleitete werden, handelt es sich um eine verbundene Reiseleistung. Auch da gilt der Insolvenzschutz. Wenn der Hotelier die Daten aber neuerlich händisch eingeben muss, ist es keine verbundene Reiseleistung, und es gibt keinen Insolvenzschutz.

Frage: Und wenn jemand nur den Flug gebucht hat bei Condor?

Antwort: Sollte Condor keine Staatshilfe von der deutschen Regierung bekommen und auch pleitegehen, fallen Reisende um ihr Geld um. (Günther Strobl, 23.9.2019)