Arbeitgebervertreter Johannes Collini hat keine Freude mit den Forderungen von Dürtscher und Wimmer (v. li.).

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Wien – Die richtungsweisenden Metallerlohnrunde hat am Montag mit einem Knalleffekt begonnen. Die Gewerkschaft fordert 4,5 Prozent mehr Lohn für die 195.000 Beschäftigten der Branche. Zudem soll es mindestens 100 Euro mehr geben. Das liegt deutlich über dem Abschluss des Vorjahrs. Die Inflation wird heuer bei 1,8 Prozent erwartet.

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"Österreichs Metallindustrie war in den vergangenen Jahren äußerst erfolgreich, 2018 war sowieso ein Rekordjahr, und auch im ersten Halbjahr 2019 gibt es einen klaren Aufwärtstrend. Jetzt müssen die ArbeitnehmerInnen mit kräftigen Lohnerhöhungen davon profitieren. Es muss rascheln", sagen die Chefverhandler der Gewerkschaft, Rainer Wimmer (Pro-Ge) und Karl Dürtscher (GPA-djp). Die Gewerkschafter wollen zudem einen Anspruch auf eine Viertagewoche durchsetzen. Weiters soll die sechste Urlaubswoche leichter erreicht werden.

"Realitätsfremd"

Die Arbeitgeber haben prompt auf die Forderung reagiert und sie als "realitätsfremd" zurückgewiesen. Wenn man sich die Unternehmen ansehe, sei dies "viel zu hoch", sagte der Obmann des WKÖ-Fachverbands Metalltechnische Industrie (FMTI), Christian Knill, nach dem ersten Zusammentreffen mit der Gewerkschaft am Montag in Wien.

Knill verwies auch auf die starke Konjunkturabschwächung. Im Jahr 2018 lag das reale Wirtschaftswachstum bei 2,7 Prozent, heuer wird nur mehr ein Plus von 1,5 Prozent erwartet. Im Vorjahr einigten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf ein Entgelt-Plus beim Metaller-KV von 3,5 Prozent. Damals hatte die Gewerkschaft zuvor ein Plus von 5 Prozent gefordert.

Über die Lage der Metallindustrie sind sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter zu Beginn der KV-Verhandlungen gar nicht einig. Ein AK-Branchenbericht sieht Gewinne "auf einem sehr hohen Niveau", eine Arbeitgeberstudie ortet einen deutlichen Gewinnrückgang.

Arbeitnehmer sprechen von guter Gewinnlage

Die Arbeiterkammer hat die Jahresabschlüsse von 157 Unternehmen der Metallindustrie mit einem Umsatz von 42 Milliarden Euro analysiert. Die vom Sample umfassten Firmen beschäftigen mehr als 95.000 Mitarbeiter. "Die Ertragslage, gemessen am operativen Gewinn und Jahresüberschuss, weist zwar einen Rückgang auf, liegt jedoch auch im Jahr 2018 nach wie vor auf einem sehr hohen Niveau", schreibt die AK in ihrer Analyse.

Die Gewerkschafter Dürtscher (links) und Wimmer gehen in die Offensive.
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Der operative Gewinn sei um 14 Prozent auf zwei Milliarden Euro zurückgegangen, das Ergebnis werde allerdings stark von einem Unternehmen beeinflusst. Ohne Berücksichtigung dieser Firma sinke der operative Gewinn um nur drei Prozent, heißt es im AK-Branchenbericht.

Arbeitgeber sprechen von Gewinnrückgängen

Das Institut KMU-Forschung Austria hat im Auftrag der Wirtschaftskammer die aggregierten Bilanzkennzahlen der Metalltechnischen Industrie für das Bilanzjahr 2017/18 (Anfang Juli 2017 bis Ende Juni 2018) analysiert. Viele Unternehmen veröffentlichen ihren Jahresabschluss erst im Herbst. Im Schnitt schaffte ein durchschnittlicher Betrieb einen Betriebsgewinn (Ebit) in Prozent der Betriebsleistung von 6,54 Prozent. Im Vorjahresvergleich ging die Kennzahl deutlich um 0,8 Prozentpunkte zurück.

Unternehmen der Metalltechnischen Industrie wirtschafteten im Geschäftsjahr 2017/18 mit einer durchschnittlichen Eigenkapitalquote in Höhe von 36,56 Prozent. Das entspricht einem Rückgang von 0,97 Prozentpunkten im Vergleich zur Vorjahresperiode.

Experte: Welthandel sehr schwach

Für den Arbeitsmarktökonomen Helmut Hofer vom Institut für Höhere Studien (IHS) hängt die Metallbranche aufgrund der hohen Exportquote sehr stark an der internationalen Wirtschaftsentwicklung. In den letzten drei Jahren habe es eine "sehr, sehr gute Entwicklung gegeben, aber wie bekannt ist, hat sich die Weltwirtschaft deutlich abgekühlt. Insbesondere der Welthandel ist sehr, sehr schwach, und darunter leidet natürlich die österreichische Metallindustrie, und auch die Aussichten sind momentan nicht besonders", sagte Hofer im Ö1-"Morgenjournal".

Wie hoch ein wirtschaftlich vertretbares Entgelt-Plus bei den KV-Verhandlungen ausfallen könnte, wollte Hofer nicht kommentieren. "Ich überlasse das in diesem Fall den Verhandlern." Ein stärkerer Lohnabschluss stärke die Binnennachfrage, aber wenn dadurch die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe gefährdet werde, habe keiner etwas davon. (red, APA, 23.9.20019)