Sky-Österreich-Chefin Scheil, zuvor Finanzerin bei Sky in Deutschland und ProSiebenSat1.

Foto: Sky / Jeff Mangione

Sky gehört seit 2018 Comcast, einem der allergrößten klassischen Medienkonzerne der Welt. Nur Google und Facebook haben weltweit höhere Werbeeinnahmen als Comcast – vielfach höhere. Und das Pay-TV Sky sieht sich konfrontiert mit globalen Streamingriesen wie Netflix und Amazon – und hat längst selbst sogenannte OTT-Angebote.

Sky Österreich hat die Akademie der Wissenschaften und die Uni Klagenfurt mit einer Studie über Giganten wie Google, Facebook und Co beauftragt, über Hassbotschaften, Gewaltdarstellung, andere gefährliche Inhalte, und auch Steuern.

Christine Scheil (52), seit 2015 Geschäftsführerin von Sky Österreich, wird sie diese Woche bei den Medientagen in Wien (25. und 26. September, Erste Campus) präsentieren. Vorweg verrät sie: "Die aktuelle Regulierungspraxis in der EU sowie in Österreich lässt Betreibern von Onlineplattformen komplett freie Hand, ohne Kontrolle von außen. Es braucht klare und transparente Regeln im Sinne der User und im Sinne eines fairen Wettbewerbs für österreichische Medienunternehmen. Da geht es um Regulierung, nicht nur im steuerlichen Bereich, damit wir zu gleichem Recht für alle kommen."

STANDARD: Apple, Disney, Ihr neuer Mutterkonzern Comcast und viele mehr bringen gerade mit Abermilliarden ihre neuen großen Streamingportale in Stellung gegen Netflix, Amazon Prime und Co. Wo bleibt in dieser neuen Streamingwelt eigentlich das Pay-TV – wie Sky?

Scheil: Sky hat die Sky Studios gegründet und investiert ebenfalls Milliarden in Produktionen, über alle Sky-Länder in Europa gesehen. Wir sind beides – lineares Abo-TV und ein OTT-Anbieter. Und: Sie können ja über unsere Plattform Sky Q auch Netflix, Dazn und viele andere abonnieren. Wir helfen den Zuschauern durch diesen Dschungel unzähliger Apps – über Sky kannst du alles bekommen. Wir fühlen uns da für die Zukunft sehr gut aufgestellt.

STANDARD: Täuscht mein Eindruck, dass Sky doch ein Stück teurer ist als viele Streamingdienste?

Scheil: Der Preis hängt immer mit der Exklusivität der Inhalte zusammen. Unsere Kunden sind bereit, für guten und exklusiven Content Geld zu bezahlen. Wir haben etwa gerade das beste Sportportfolio ever – Premier League, österreichische Bundesliga, alle Spiele der Uefa Champions League, die deutsche Bundesliga, Tennis, Formel 1, Handball, die österreichische Basketball- und Eishockey-Liga. Außerdem bieten wir bei Sky X, zusätzlich zu unseren Sport- oder Serien- und Filmhighlights, ja auch noch die beliebtesten Free-TV-Sender an. Das hat sonst niemand!

STANDARD: Was passiert denn mit den HBO-Formaten auf Sky, wo doch Warner/HBO jedenfalls in den USA auch Streamingpläne haben?

Scheil: Wir haben sehr langfristige Verträge mit HBO und produzieren auch gemeinsam, etwa zusammen die erfolgreichste neue Serie der letzten Jahre, "Chernobyl".

STANDARD: Ihr neuer Mutterkonzern Comcast startet in den USA ein Streamingangebot mit dem schönen Namen Peacock, also Pfau, wohl nach dem NBC-Universal-Logo. Kommt der Pfau nach Europa und gar nach Österreich, und wann? Wird das eine konzerninterne Konkurrenz für Sky?

Scheil: Dazu können wir heute nichts sagen. Wir konzentrieren uns in Österreich und Deutschland voll auf die tollen Entertainment-Angebote, die wir hier in unserem Markt für unsere TV-Zuschauer haben. Mit NBC Universal haben wir sogar eine noch intensivere Kooperation seit dem Zusammenschluss. Kommende Woche präsentieren wir zum Beispiel mit NBC und Puls 4 in Wien die kuriose Krimiserie "Prost Mortem".

STANDARD: Just nach dem ersten Jahr österreichische Bundesliga exklusiv auf Sky veröffentlicht Sky keine Abonnentenzahlen mehr und auch keine wirtschaftlichen Ergebnisse für Österreich.

Scheil: Wir sind sehr zufrieden mit unserem Investment in die österreichische Bundesliga. Die Zuschauerzahlen haben sich toll entwickelt. An den ersten Spieltagen dieser Saison hatten wir über 1,6 Millionen Kontakte Nettoreichweite pro Runde – Samstag-/Sonntag-Spiele und Vor- und Nachberichterstattung auch bei Partnersendern wie ORF oder Laola 1, Oe24 und A1 eingerechnet. Unsere Sportabonnements haben sich stark gesteigert, damit sind wir sehr zufrieden. Dass wir keine Zahlen veröffentlichen, ist eine Entscheidung der Gruppe, und der zentrale Grund ist: Wir sind ja unter dem neuen Eigentümer als Sky auch nicht mehr börsennotiert. Auch bei Wettbewerbern erfahren Sie zudem keine genauen Abonnentenzahlen. Genau wie sie wollen wir unsere Wettbewerber nicht unnötig schlau machen.

STANDARD: Hat Sky Appetit auf mehr österreichischen Sport? Die ORF-Verträge mit dem Österreichischen Skiverband müssten in den nächsten zwei, drei Jahren ablaufen. Oder sagen Sie: Solange Herr Schröcksnadel ÖSV-Präsident ist, kommen wir da eh nicht ran.

Scheil: Natürlich ist Skisport der beliebteste Sport in Österreich. Wir schauen uns aber jedes Recht an, das im Sportbereich auf den Markt kommt. Skisport ist allerdings ein schwieriges Recht für Abo-TV. Wir versuchen ja im Abo-TV serielle Sportevents zu bekommen, wie die Bundesliga, die jedes Wochenende über eine möglichst lange Dauer spielt. Wir wollen unsere Abonnenten über das ganze Jahr begeistern, damit sie möglichst lange dabeibleiben. Skisport ist aber eben sehr eventbasiert, die Skisaison ist kurz. Vor dem Hintergrund muss man sich anschauen, ob das das richtige Recht fürs Abo-TV ist.

STANDARD: Und ist es das? Der übliche Ablauf von ÖSV-Bewerben pro Saison dürfte ja relativ bekannt und absehbar sein.

Scheil: Sagen wir so: Sky deckt Österreich, Deutschland und die Schweiz ab, drei große Skinationen. Wenn die Rechte auf den Markt kommen, werden wir uns das anschauen.

  • Update: "Champions League des Skisports" Holger Enßlin, Vorstand von Sky Deutschland für Recht und Sportrechte und Co-Geschäftsführer für Österreich, ist im "Horizont"-Interview etwas auskunftsfreudiger als seine Kollegin Christine Scheil. Enßlin: "Für Sky wäre es natürlich interessant, so eine Art Champions League des Skisports zu machen. Mit Österreich, Deutschland und der Schweiz decken wir fast alle großen Skinationen ab. Aber wir müssen die Rechtekonstellationen genau analysieren, diese waren in der Vergangenheit sehr Free-TV-lastig. Und in Österreich wird der Skisport schon sehr gut vermarktet. In anderen Ländern sehe ich höheres Potenzial. Man muss hier realistisch bleiben."

STANDARD: Formel 1 exklusiv? Bringt das was? Das dürfte doch recht genau ins Beuteschema serieller Bewerbe fallen, oder? Ende 2020 läuft der ORF-Vertrag aus.

Scheil: Wir haben ja die Formel 1 zu Sky zurückgeholt, weil wir die Rennserie klasse finden und unsere Sky-Sport-Fans es sich gewünscht haben. Im Moment läuft die Formel 1 auch bei RTL und ORF. Wenn es zur nächsten Ausschreibung kommt, werden wir uns das anschauen. Wie immer im Sport: Man schaut sich die Business-Cases an, stellt Kosten und Nutzen gegenüber und entscheidet auf der Basis. Aber, wie gesagt, wir haben die führende Motorsportserie ja wieder im Programm nach einem Jahr Pause.

STANDARD: ÖVP und FPÖ wollten schon in ihrer jüngsten Koalition wieder mehr Bundesliga verpflichtend im Free-TV. Eine solche Erweiterung der Liste jener Events, die frei empfangbar laufen sollen, kann Ihnen mit Ihrem Exklusivvertrag mit der Bundesliga keine Freude machen. Kann die Republik Österreich so einfach in Ihren Vertrag eingreifen?

Scheil: Die letzte Bundesregierung hat versichert, sie wolle nicht in bestehende Verträge eingreifen. Jeder Punkt in einer solchen Liste greift in den Sportrechtemarkt ein – und verkleinert damit auch den Kreis von potenziellen Bietern. Für die Sportrechteinhaber wie die Bundesliga bedeutete das einen geringeren Preis beziehungsweise geringere Einnahmen – und das würde dem Sport schaden. Wir haben bei der Bundesliga viele Partner bis hin zu 2.500 Sportbars, um für eine breite Öffentlichkeit zu sorgen. Außerdem: In den 28 EU-Staaten haben nur elf eine solche Liste – und auf keiner dieser Listen ist eine nationale Sportliga.

STANDARD: Wir haben mit globalen Riesen begonnen – und kommen am Schluss zurück zu globalen Riesen, diesmal Facebook, Google und Co. Sky hat die Akademie der Wissenschaften und die Uni Klagenfurt mit einer Studie über Tech-Giants beauftragt, über Hatespeech, Gewaltdarstellungen, Betrug, gefährliche Inhalte – warum tut Sky das?

Scheil: Wir haben als österreichisches Medienunternehmen ein Interesse an einem großen, österreichischen Medienangebot. Und da geht es um Regulierung, nicht nur im steuerlichen Bereich, damit wir zu gleichem Recht für alle kommen. In einem Satz: Es braucht klare und transparente Regeln im Sinne der User und im Sinne eines fairen Wettbewerbs für österreichische Medienunternehmen.

STANDARD: Und das Ergebnis?

Scheil: Die aktuelle Regulierungspraxis in der EU sowie in Österreich lässt Betreibern von Onlineplattformen komplett freie Hand, ohne Kontrolle von außen. Die Studie beschreibt mögliche Regulierungsstrategien. Damit wollen wir unseren Beitrag für mehr Verantwortung und Schutz von Jugendlichen im Netz leisten. Alle unsere Reformvorschläge werden wir diese Woche bei den Österreichischen Medientagen in Wien präsentieren. (Harald Fidler, 24.9.2019)